Kommentar: Rhodos und der Klimawandel - Veränderungen notwendig
Die verheerenden Waldbrände - nicht nur auf den griechischen Inseln - machen deutlich, wie dramatisch die Folgen des Klimawandels inzwischen sind und wie schnell sich die Dinge zum Schlechteren entwickeln. Sie zeigen zudem, dass es an ernsthaften Verhaltensänderungen vieler Menschen mangelt, wie verwundbar die Zivilisation und wie dringend notwendig neue Einsichten sind.
Es gibt kein Entrinnen mehr. Selbst im Sommerurlaub nicht. Die Folgen des Klimawandels werden zum Albtraum. Touristen fliehen vor der Feuerwalze auf Rhodos. Ungleich schlimmer das Schicksal derjenigen, die in den Flammen starben oder deren gesamtes Hab und Gut zerstört wurde. Nicht nur rund um das Mittelmeer wüten verheerende Waldbrände. Auf der ganzen Welt lodern Feuer, wie eine Karte der US-Raumfahrtbehörde NASA zeigt.
Hitzewellen, Dürreperioden, Waldbrände oder auch Überschwemmungen und Starkregen hat es immer gegeben. Aber die Wetterextreme und ihre Folgen werden - so belegen es Klimadaten - immer häufiger und heftiger. Und sie greifen immer elementarer in unser Leben ein. Der Klimawandel sei außer Kontrolle, sagte jüngst UN-Generalsekretär Antonio Guterres.
Erderwärmung muss gestoppt werden
Ohne den menschengemachten Klimawandel, so eine aktuelle Studie internationaler Wetterforscher, wären die immer längeren Hitzewellen in Europa, in den USA, in Kanada und in China "praktisch unmöglich". Und es wird - so die Wissenschaftler - in Zukunft noch schlimmer kommen, wenn die Erderwärmung nicht gestoppt wird.
Doch reichen alle Anstrengungen zur Reduktion der Treibhausgase überhaupt noch? Oder sind sogenannte Kipp-Punkte, von denen im Weltklimabericht die Rede ist, bereits erreicht? Kipp-Punkte, die verheerende Dominoeffekte auslösen - vom Schmelzen der Eisschilde auf Grönland bis zum Kollaps des Golfstroms, der Europa ein mildes Klima beschert.
Noch ist wohl Zeit zu handeln
Noch ist Zeit zu handeln, sagen die meisten Meteorologen, auch wenn der vergangene Juni und der Juli weltweit die wohl heißesten Monate seit Beginn der Wetteraufzeichnung waren.
Die Bilder von Rhodos führen drastisch vor Augen, wie verwundbar Mensch und Zivilisation sind. Dabei treffen die Folgen der Wetterextreme alle. Sie enden nicht, wenn ein Waldbrand gelöscht ist. Hitzewellen führen zu verstärkter Dürre, vernichten Ernten, zerstören Landschaften. Nicht zu vergessen die wachsenden gesundheitlichen Gefahren durch Extremtemperaturen, vor denen die Weltgesundheitsorganisation warnt. Vor allem alte und kranke Menschen sind betroffen.
Seit Jahren wird vor mehr Extremereignissen gewarnt
Dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe so rasch wie möglich beendet werden muss, darin besteht kein Zweifel. Die Frage ist nicht das Ob, sondern nur noch das Wie. Damit beginnt ein Dilemma, dass in Bildern von überfüllten Flughäfen zur Reisezeit deutlich wird. Die Verringerung des CO2-Ausstoßes kommt kaum voran, wenn Autofahrer daheim aufs elektrische Auto umsteigen, im Sommer aber vermehrt in ferne Urlaubsziele geflogen wird. So steht die Luftverkehrsbranche nach den Einbrüchen während der Corona-Pandemie vor neuen Rekorden. Die Reiselust ist ungebremst - trotz steigender Ticketpreise. Selbst während der Waldbrände steuerten Ferienflieger die Insel Rhodos an.
Sollen die wachsenden Verwundbarkeiten - ausgelöst durch den Klimawandel - reduziert werden, muss nicht nur der CO2-Ausstoß verringert werden. Verhaltensänderungen sind notwendig - bei der Mobilität, bei den Essgewohnheiten, beim Konsum und auch beim Reisen. Dies bedeutet nicht ein Verzicht auf Ferien in fernen Ländern. Wohl aber sollte jedem Urlauber, jeder Urlauberin bewusster werden, dass Flüge ebenso wie Kreuzfahrten oder Reisen mit dem Auto oder Wohnmobil einen ökologischen Fußabdruck hinterlassen, der Folgen hat.
Mehr Vorsorge-Maßnahmen notwendig
Zugleich ist mehr Vorsorge gegen die Auswirkungen des Klimawandels unumgänglich. Denn wenn erst einmal eine Flutwelle durch zu enge Täler läuft und alles mitreißt, wenn Wälder in Flammen aufgehen und Brände zerstörerische Kraft entwickeln, ist es zu spät. Seit Jahren wird vor zunehmenden Extremereignissen gewarnt, ohne dass offenkundig genügend Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt getroffen werden. Sie reichen von verstärkter Brandschutzprävention über die Renaturierung von Flussbetten bis hin zum Pflanzen von Bäumen in den Städten als Hitzeschutz.
Zu lange hat sich die Politik nur auf die Energiewende konzentriert. Jetzt muss gelernt werden, mit den Folgen der Erderwärmung zu leben. Mehr Vorsorge-Anstrengungen sind notwendig. Das fängt bei einem bundesweiten Schutzplan gegen Hitze an, wie ihn Gesundheitsminister Karl Lauterbach gerade erarbeitet hat. In vielen Nachbarländern gibt es entsprechende nationale Notpläne längst.
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