VIDEO: Millionenschäden durch Starkregen in Niedersachsen (1 Min)

Starkregen verursachte Schäden in Milliardenhöhe in Norddeutschland

Stand: 27.07.2023 20:03 Uhr

Starkregen hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten nach Berechnungen der Versicherer bundesweit Schäden in Höhe von 12,6 Milliarden Euro verursacht. Auch wenn Norddeutschland statistisch gesehen weniger betroffen war als andere Bundesländer, entstanden allein in Niedersachsen Schäden in Höhe von 705 Millionen Euro.

Im Zeitraum von 2002 bis 2021 wurde rechnerisch bundesweit jedes zehnte Wohnhaus durch Starkregen beschädigt, die Kosten betrugen durchschnittlich 7.600 Euro. Das teilte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Donnerstag mit.

Landkreis Goslar in Niedersachsen am stärksten betroffen

In Niedersachsen hat laut GVD Starkregen in den Jahren von 2002 bis 2021 Schäden in Höhe von 705 Millionen Euro an Wohngebäuden verursacht. Die Beseitigung der Folgen habe Hausbesitzer im Durchschnitt 4.980 Euro gekostet. Die Menschen im Landkreis Goslar waren am häufigsten betroffen. Statistisch gesehen hatte hier jedes achte versicherte Haus (124 von 1.000) einen Schaden durch besonders starke Regenfälle. Am geringsten betroffen waren die Hausbesitzer im Kreis Wesermarsch mit 18 pro 1.000 versicherten Gebäuden. GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen kritisierte, dass viele Hausbesitzer den Schutz gegen extreme Regenfälle vernachlässigt hätten. In Niedersachsen haben dem Verband zufolge 32 Prozent der Hausbesitzerinnen und -besitzer eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen, die extreme Regenfälle einschließt, bundesweit sind es 52 Prozent.

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Nach dem Landkreis Goslar waren die Stadt Wolfsburg sowie die Kreise Helmstedt, Gifhorn und Hildesheim besonders betroffen. Die wenigsten Häuser mit Starkregenschäden gab es nach dem Kreis Wesermarsch in den Kreisen Friesland, Leer, der Stadt Delmenhorst und im Kreis Rotenburg (Wümme). Von 1.000 Wohngebäuden waren im Land Niedersachsen statistisch 70 von einem Starkregenschaden betroffen, im Bundesdurchschnitt waren es 98.

SH: Kosten durch Starkregen in Kiel am höchsten

In Schleswig-Holstein sind zwischen 2002 und 20021 durch Starkregen Schäden an Wohngebäuden im Umfang von 302 Millionen Euro verursacht worden. Die Beseitigung der Folgen kostete Hausbesitzer im Durchschnitt 4.750 Euro. In Kiel waren es 18.262 Euro - der mit Abstand höchste Wert. In der Landeshauptstadt wurden in dem Zeitraum zwar nur zwölf Starkregenereignisse registriert - in Rendsburg-Eckernförde 114 und in Dithmarschen 107 -, doch statistisch gesehen erlitten an der Kieler Förde 224 von 1.000 Gebäuden Schäden. Im Landesschnitt waren es 95, in Nordfriesland 46. Gerade kurze, heftige Niederschläge durch Stürme und Starkregen verursachten besonders viele Schäden. In Schleswig-Holstein haben 38 Prozent der Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen, die extreme Regenfälle einschließt.

Rostock in MV am häufigsten betroffen

In Mecklenburg-Vorpommern wurden zwischen 2002 und 2021 durch extreme Regenfälle Schäden in Höhe von 210 Millionen Euro an Wohngebäuden angerichtet. Deren Beseitigung kostete Hausbesitzer im Durchschnitt 5.740 Euro, so der GVD. Statistisch betrachtet seien von 1.000 Wohngebäuden 93 von einem Schaden durch Starkregen betroffen. Rostock sei am häufigsten betroffen gewesen. Dort habe jedes siebte versicherte Wohngebäude (146 von 1.000) einen Schaden durch Starkregen erlitten. Am geringsten sei die Schadenshäufigkeit in Ludwigslust-Parchim mit 51 Schäden je 1.000 versicherten Gebäuden gewesen. Mecklenburg-Vorpommern liegt im Vergleich der Bundesländer im Mittelfeld. Dem Verband zufolge haben im Nordosten 33 Prozent der Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen, die Folgen extremer Regenfälle einschließt.

Hamburg: 36 Prozent haben Elementarschadenversicherung

In Hamburg entstanden im Vergleichszeitraum durch Starkregen Versicherungsschäden an Wohngebäuden von rund 91 Millionen Euro - statistisch gesehen wurde dadurch nach Angaben des Verbandes jedes zwölfte versicherte Wohngebäude (87 von 1.000) beschädigt. Die Beseitigung der Folgen kostete Hausbesitzer in der Hansestadt im Durchschnitt 6.130 Euro. In Hamburg haben laut GVD 36 Prozent der Hausbesitzenden eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen.

Berlin am stärksten betroffen - Bremen am seltensten

Im bundesweiten Vergleich war Berlin am stärksten von Starkregen betroffen. Laut Verband wurden dort 148 von 1.000 versicherten Gebäuden beschädigt. Sachsen folgt auf Platz zwei mit 143 Schadensfällen je 1.000 versicherten Gebäuden. Was die Kosten betrifft, liegt unter den Bundesländern Rheinland-Pfalz mit durchschnittlich 11.000 Euro an der Spitze - eine Folge der immensen Schäden der Flutkatastrophe des Jahres 2021. Auf kommunaler Ebene traf es Euskirchen in Nordrhein-Westfalen mit 590 Schäden je 1.000 Wohngebäuden und durchschnittlichen Reparaturkosten von über 45.000 Euro am schwersten; auch dies ist laut GDV auf das Sturmtief "Bernd" im Jahr 2021 zurückzuführen. Am seltensten war Starkregen den Daten zufolge in Bremen, wo im Schnitt lediglich 56 von 1.000 Häusern beschädigt wurden.

Klimawandel erhöht Wahrscheinlichkeit extremer Regenfälle

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge hat sich die Wahrscheinlichkeit extremer Regenfälle durch den Klimawandel deutlich erhöht. "Wir gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für ein extremes Ereignis, wie es 2021 den Westen Deutschlands getroffen hat, in Folge des Klimawandels bis zu neunmal höher ist", zitierte der Versicherungsverband die Meteorologin Katharina Lengfeld. "Gegenden, die in den letzten 20 Jahren nur wenige Schäden durch Starkregen erlebten, haben bislang einfach Glück gehabt."

Angesichts der Zunahme extremer Wetterlagen stellte der GDV die Frage, ob die Versicherer langfristig alle Naturgefahren noch versichern können. "Wir müssen in Deutschland Prävention und Klimafolgenanpassung konsequent umsetzen", forderte GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen. "Ansonsten könnten sich nach unseren Schätzungen allein infolge der Klimaschäden innerhalb der nächsten zehn Jahre die Prämien für Wohngebäudeversicherungen verdoppeln." Von der Politik verlangte er unter anderem einen Baustopp in Überschwemmungsgebieten und eine Verringerung der Flächenversiegelung.

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Dieses Thema im Programm:

Niedersachsen 18.00 | 27.07.2023 | 08:00 Uhr

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