Zahl der Seehunde im Wattenmeer nimmt weiter ab
Die Zahl der Seehunde in der Nordsee ist das dritte Jahr in Folge stark zurückgegangen. Der Grund für den negativen Trend ist noch nicht gefunden.
Rund 22.600 Seehunde haben Expertinnen und Experten während des Fellwechsels im August im Wattenmeer gezählt, einschließlich der Gebiete in Dänemark und den Niederlanden. Im Vorjahr waren es noch 23.654 Tiere, also etwa vier Prozent mehr, teilte das Wattenmeersekretariat in Wilhelmshaven mit. Die Zahl der beobachteten Seehunde stagniert seit 2010, in den vergangenen drei Jahren wurde ein Rückgang verzeichnet. Insgesamt wurden bei der diesjährigen Auswertung in den meisten Gebieten weniger Seehunde gezählt: In Schleswig-Holstein sank der Bestand um 5 Prozent, auf Helgoland waren es sogar 27 Prozent weniger. In Dänemark wurden 19 Prozent weniger verzeichnet, in den Niederlanden waren es 11 Prozent. Lediglich in Niedersachsen und Hamburg stieg die Zahl der gesichteten Tiere um 17 Prozent.
Zahl der Seehunde im August 2023 (im Vergleich zum Vorjahr):
- Niedersachsen und Hamburg: 5.639 Tiere (4.822)
- Schleswig-Holstein: 7.936 Tiere (8.384)
- Helgoland: 72 Tiere (98)
- Dänemark: 2.268 Tiere (2.800)
- Niederlande: 6.706 (7.550)
Zahl der Jungtiere steigt an
Während der Gesamtbestand der erwachsenen Tiere schrumpft, sei die Zahl der Jungtiere in Dänemark, Schleswig-Holstein und den Niederlanden in diesem Jahr stark gestiegen, berichtet das Wattenmeersekretariat weiter. Lediglich in Niedersachsen und Hamburg schrumpfte die Zahl der Jungtiere um 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Erst in den kommenden Jahre werde sich zeigen, ob der Jungtierbestand ebenfalls abnimmt oder entgegen dem Trend der Gesamtzahlen ansteigt.
Ursache für abnehmende Zahlen unklar
Über die Gründe für die Abnahme des Gesamtbestandes kann bislang nur spekuliert werden. "Es wäre wichtig, die möglichen Ursachen zu untersuchen, zu denen eine Verschlechterung des Lebensraums, die Verfügbarkeit von Nahrung und die zunehmende Zahl von Kegelrobben in dem Gebiet gehören könnten", so Anders Galatius von der Universität Aarhus (Dänemark). Auch Störungen im Wattenmeer oder vor der Küste, etwa durch Schifffahrt, Fischerei oder Windkraftanlagen könnten seiner Ansicht nach zur abnehmenden Zahl der Seehunde beitragen. Galatius nennt in diesem Zusammenhang etwa die Konkurrenz um Nahrung mit anderen Meeressäugetieren und der Fischerei, sowie die Sterblichkeit als Beifang der Fischerei oder als Beute für andere Tiere.
Wattenmeer ist streng geschützt
Seehunde zählen neben Kegelrobben zu den größten Meeresraubtieren im Wattenmeer. Die Region gilt als das größte Gezeitengebiet der Welt, in dem natürliche Prozesse ungestört ablaufen können. Das Wattenmeer erstreckt sich über 500 Kilometer entlang der Küsten von Dänemark und Deutschland bis in die Niederlande. Seit 2009 gehört das Wattenmeer zum Unesco-Weltnaturerbe.