So machen Wassermangel und Dürren dem Norden zu schaffen
Ungewöhnlich lange Phasen der Trockenheit, wie sie seit einigen Jahren auftreten, machen nicht nur vielen Landwirten zu schaffen. Auch die Wasserwerke stehen vor großen Herausforderungen im Zuge der Klimakrise. Wie müssen sich die Menschen in Norddeutschland auf Zeiten der Wasser-Knappheit einstellen?
Rissige Böden, gelb verfärbte Wiesen und welke Blätter - wie Dürre aussieht, wissen viele Menschen aus Urlaubsländern wie Spanien und Italien. Aber auch in einigen Regionen Deutschlands wird Wasserknappheit vermehrt zum Problem - vor allem für die Landwirtschaft. Auch im Norden klagen viele Landwirte, dass ihnen die Trockenheit zu schaffen macht. Ein Problem, das nicht durch ein paar Regenschauer aus der Welt ist. "Wenn man an den Klimawandel denkt und an die zunehmenden Trockenperioden gerade im Sommer, ist auch die Wasserhaltekapazität von Böden ein Thema", sagt Sandra Singvogel, Professorin für Pflanzenernährung und Bodenkunde an der Universität Kiel. "Also, wie viel Wasser kann ein Boden aufnehmen und speichern? Denn stark ausgetrocknete Böden können bei plötzlichem Starkregen das Wasser kaum aufnehmen."
"Im Norden ist es eher temporärer Wassermangel"
Forschende unterscheiden zwischen verschiedenen Dürre-Formen. Zum einen gibt es die landwirtschaftliche oder sozio-ökonomische Dürre: Gemeint ist, dass die Bevölkerung infolge von Wassermangel Probleme bei der Nahrungs- oder Energie-Versorgung hat. So wie dies im Sommer 2022 in Frankreich der Fall war, als die Atomreaktoren nicht mehr ausreichend gekühlt werden konnten, weil die angrenzenden Flüsse zu wenig Wasser führten.
Zum anderen sprechen Forschende von hydrologischer Dürre. Das heißt, dass Seen und Flüsse austrocknen und das Trinkwasser knapp wird. Davon ist Norddeutschland im Gegensatz zu anderen Regionen in Deutschland derzeit nicht betroffen. "In unserer Region würde ich eher von temporärem Wassermangel sprechen", sagt Ingo Hannemann, Geschäftsführer des Unternehmens Hamburg Wasser. "Wenn wir jetzt längere, trockene Phasen haben im Sommer, womit wir zukünftig häufiger zu rechnen haben, dann ist das erst mal eine Mangelsituation. Da würde ich noch nicht direkt von Dürre sprechen." Hamburg Wasser versorgt die Hansestadt und einige Gemeinden im Umland mit Trinkwasser und beseitigt das Abwasser.
Experte: Grundwasser-Stände haben sich gut erholt
Hamburg bezieht sein Trinkwasser aus dem Grundwasser des Hamburger Stadtgebiets, Schleswig-Holstein und Niedersachsen - und diese Speicher sind gerade gut gefüllt. "Das liegt daran, dass wir im Winterhalbjahr gute Niederschläge hatten", weiß Hannemann. "Und dadurch ist zu sehen, dass die flachen Grundwasser-Stände sich schon gut erholt hatten über den Winter."
Aber das bedeutet nicht, dass norddeutsche Städte keinen Wassermangel haben, zumindest vorübergehend. Dies zeige das Beispiel Hamburg, so der Wasser-Experte. Denn der Wasserverbrauch steige im Hochsommer phasenweise um ein Drittel an - in einer Zeit, in der kaum Niederschlag fällt. "Bei uns - also bei Hamburg Wasser - ist es so, dass wir an einem Spitzentag - zum Beispiel am 31. Mai 2018 - bis zu 450.000 Kubikmeter Tagesabsatz in Hamburg und unseren Umland-Gemeinden haben", schildert Hannemann. An einem gewöhnlichen Tag seien es nur 300.000 bis 330.000 Kubikmeter. Und dieses Verhalten führe zu Engpässen - wenn auch nur an einigen wenigen Tagen im Jahr.
Warum nutzen wir Trinkwasser fürs Klo?
Für diese wenigen Tage im Jahr ein komplett neues Wasserwerk zu bauen, lohne sich nicht, sagt Hannemann. Denn die Baukosten müssten dann wieder auf die Verbraucher umgelegt werden. An Spitzentagen auf die Unterstützung kleinerer Wasserwerke zu setzen, sei auch keine dauerhafte Lösung. Verstärkt wird das Problem dadurch, dass in Deutschland an vielen Stellen Trinkwasser verwendet wird, obwohl dort eine solch hohe Wasserqualität gar nicht nötig wäre. Zum Beispiel bei der Toiletten-Spülung, wo Regenwasser völlig ausreichend wäre. Ein Umbau von Gebäuden, um dies zu ändern, wäre sehr kostspielig und würde die Wasserpreise steigen lasen. Auch Gärten und Felder werden nach Ansicht von Experten noch viel zu häufig mit Trinkwasser gewässert.