Schrottschiff in Indien entsorgt: Rendsburger Reeder vor Gericht
Erstmals in Deutschland müssen sich zwei Reeder vor Gericht verantworten, weil sie ein schrottreifes Schiff illegal nach Indien gebracht haben sollen. Nach Informationen von NDR und "Süddeutscher Zeitung" wird der Fall im kommenden Frühjahr vor dem Amtsgericht Rendsburg verhandelt.
Mit voller Kraft voraus - auf den Strand von Alang im westindischen Bundesstaat Gujarat. Das war das letzte Kommando, das der Kapitän der "Westerhamm" vor knapp acht Jahren gab. Das Containerschiff einer Rendsburger Reederei hatte sieben Wochen zuvor - am 2. November 2016 - in Bremerhaven abgelegt. In Alang gibt es mehr als 100 Werften, wo ausrangierte Kähne aus aller Welt zerlegt werden - unter oft fragwürdigen Arbeits- und Umwelt-Bedingungen.
Export-Verbot für europäische Schrottschiffe
Schrottreife Schiffe gelten nach deutschem und europäischem Recht als gefährlicher Sondermüll. Ihr Export aus der EU ist verboten. Den beiden Angeklagten aus Rendsburg werden nun Verstöße gegen deutsches und europäisches Abfallrecht vorgeworfen. Im Fall der "Westerhamm" ist auch der bekannte Hamburger Reeder Jochen Döhle angeklagt. Ihm wird in einem separaten Verfahren - ebenfalls vor dem Amtsgericht Rendsburg - Beihilfe zur Last gelegt. Er soll mitgeholfen haben, das ausgediente Containerschiff nach Südasien zu bringen.
Verschrottung in Südasien ist bei deutschen Reedern beliebt
Solche alten Schiffe sind voller Giftstoffe wie Asbest, Blei und Öl, die in Südasien regelmäßig im Meer oder im Hinterland entsorgt wurden. Die damit beschäftigten Arbeiter haben regelmäßig weder angemessene Schutzausrüstung noch eine entsprechende Ausbildung. Dennoch wurden in den Jahren 2016/17 nach Recherchen von NDR und "Süddeutscher Zeitung" insgesamt fast 150 Schiffe deutscher Reeder nach Südasien gebracht. Längst nicht in jedem Fall dürften sich die Reeder allerdings strafbar gemacht haben, da es legale Tricks gab und gibt, um einer Strafverfolgung zu entgehen.
Fragwürdige Arbeitsbedingungen vor Ort
Auch heute werden noch immer die meisten schrottreifen Schiffe nach Indien, Pakistan und Bangladesch gebracht. Einige der dortigen Betriebe werben jedoch inzwischen damit, umweltgerechtes Recycling zu betreiben. Die Arbeitsbedingungen hätten sich zudem deutlich verbessert, sagen sie. Vertreter von Umwelt-Organisationen wie der Nichtregierungsorganisation "Shipbreaking Platform" bezweifeln dies aber.
Die "Westerhamm" gilt als Präzedenzfall, da es eine Reihe ähnlich gelagerter Verfahren gibt, die ebenfalls vor Gericht landen könnten. Im Jahr 2023 hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg Anklage gegen drei Beschuldigte im Fall eines anderen Containerschiffs erhoben, das auch in Indien verschrottet wurde.
Hauptverhandlung beginnt im März 2025
Die Angeklagten im Fall "Westerhamm" ließen über ihren Anwalt erklären, dass sie die gegen sie erhobenen Vorwürfe "grundsätzlich nicht über Medien, sondern im Rahmen des geordneten Strafverfahrens" widerlegen wollen. Das Amtsgericht Rendsburg hat für die Hauptverhandlung drei Termine Ende März und Anfang April 2025 angesetzt. Eine Anfrage an Jochen Döhle und seine Reederei Peter Döhle Schiffahrts-KG blieb unbeantwortet.
Die Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Fall "Westerhamm" gegen zwei weitere Verantwortliche der Reederei Döhle, die Geschäftsführer Christoph Döhle und Gaby Bornheim, wurden eingestellt. Sie sind unschuldig.