Eierkarton mit Eiern © dpa-Bildfunk Foto: Marcel Kusch, dpa
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AUDIO: Klimaneutrale Eier aus Schleswig-Holstein - zumindest rechnerisch (5 Min)

Schön gerechnet oder echt nachhaltig? Klimaneutrale Eier aus Schleswig-Holstein

Stand: 14.10.2023 05:00 Uhr

Die Hühner des Betriebs Hornbrooker Hof in Nehms (Schleswig-Holstein) legen mehr als 100.000 Eier pro Tag. Eier, die sich von allen anderen im Supermarkt unterscheiden: Sie sollen als einzige bundesweit klimaneutral sein.

von Ole ter Wey und Merle von Kuczkowski

"Die Eier jeder Haltungsform - Boden, Freiland, Bio und Mobilstall - sind klimaneutral produziert. Wir haben Maßnahmen getroffen in den Betrieben, auf dem Hof und in den Ställen", erklärt Betriebsleiterin Lena Goldnick.

Agrarökonomin Lena Goldnick mit einer Henne. Ihr Betrieb produziert die ersten klimaneutralen Euer Deutschlands. © Hornbrooker Hof Foto: Hornbrooker Hof
Agrarökonomin Lena Goldnick mit einer Henne. Die Hühner werden artgerecht gehalten.

So produzieren Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Ställe klimafreundlichen Strom, gut gedämmte Fenster und kurze Lieferwege helfen, Energie zu sparen, ebenso E-Fahrzeuge und wiederverwendbare Eierpaletten. Dadurch würden 7,5 Prozent weniger CO2-Emissionen verursacht.

CO2-Emissionen in der Landwirtschaft: "Stehen alle in der Verantwortung"

"Beim Klimawandel stehen wir ja alle irgendwie in der Verantwortung. Ob als Privatperson oder ich als Unternehmerin", begründet Goldnick das Projekt. Doch trotz der zahlreichen Bemühungen, ist die Eierproduktion noch längst nicht emissionsfrei - und kann es auch nicht werden, sagt Werner Bessei, Professor für Kleinviehzucht von der Uni Hohenheim: "Sie haben immer eine so genannte Prozesswärme. Bei der Legehenne ist das so: Etwa 70 Prozent der Energie werden für die Erhaltung des Körpers benötigt. Und da entsteht CO2. Das könnten wir nur dadurch auf Null bringen, indem wir die ganzen Hühner und das Getreide abschaffen."

VIDEO: Klimaneutral produzierte Eier aus Nehms (2 Min)

Klimazertifikate machen Produkte rechnerisch klimaneutral

Landwirtin Goldnick kauft stattdessen Klimazertifikate und unterstützt damit den Waldschutz in Brasilien sowie den Ausbau von Solarenergie in Namibia. Diese Projekte sollen die anfallenden Emissionen bei der Produktion ausgleichen. Rechnerisch sind die Eier vom Hornbrooker Hof so klimaneutral. Deutschlandweit einmalig – und das ist auch der Jury vom größten Landwirtschaftspreis Deutschlands aufgefallen: Lena Goldnick ist als Unternehmerin des Jahres nominiert.

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Jurorin Anke Fritz: "Die Landwirtschaft kommt nicht mehr drumherum, sich ums Klima zu kümmern und das ist natürlich auf jedem Hof anders ausgeprägt. Wir gucken, ob es ins Gesamtkonzept passt, Sinn ergibt und ob es sich am Ende rechnet, man also damit vielleicht auch eine Umsatzsteigerung bekommt."

Diese Hoffnung hat auch die studierte Agrarökonomin Lena Goldnick, denn jetzt kostet die klimaneutrale Produktion den Hof erstmal Geld: "Runtergerechnet kostet das Projekt uns pro Ei einen Cent mehr." Die Mehrkosten hat der Betrieb laut eigener Angaben nicht auf den Verkaufspreis aufgeschlagen. "Unsere Kunden haben nicht mehr bezahlt, seitdem wir das Projekt eingeführt haben", sagt Goldnick.

Kritik an Klimazertifikaten: irreführend und faktisch falsch

Lena Goldnick hofft, dass das Label "klimaneutral“ am Ende auch den Umsatz steigern wird - doch gerade die Nutzung der Klimazertifikate sorgt für Kritik. Agnes Sauter vom Verein Deutsche Umwelthilfe: "Unserer Auffassung nach ist das hochgradig irreführend. Verbraucher denken letztendlich, dass ein Produkt keine CO2-Emissionen verursacht und das ist faktisch nicht der Fall." Man könne als Betrieb damit werben, nachhaltige Projekte zu fördern - das Engagement würde das eigene Produkt aber nicht klimaneutral machen.

Recherchen der Umwelthilfe zufolge würde außerdem viel Geld auf dem Weg zu diesen Projekten "verdunsten", so Sauter. Zu viele Drittparteien würden am Zertifikatehandel mitverdienen. Agrarökonomin Lena Goldnick ist sich dieser Kritikpunkte bewusst. Und ihr Anspruch sei es auch, immer weniger der Zertifikate kaufen zu müssen. Der wichtigste Ansatzpunkt dabei: das Futter.

Klimaschonendes Futter für Hühner: Insekten statt Soja

"Die Hennen sind unsere absoluten Hochleistungssportler auf dem Betrieb", sagt sie - und Hochleistungssportler bräuchten auch Hochleistungsnahrung. Im Moment komme da nur Soja in Frage. Aber das müsse von weit her importiert werden und verursache so jede Menge CO2. Goldnick erwägt, in Zukunft auf Insekten als Alternative zu setzen. Dazu gäbe es schon ausreichend Studien und das wichtige Aminosäureprofil des Futters sei ähnlich. So will der Betrieb einen weiteren Schritt in Richtung echter Klimaneutralität gehen.

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