Stephan Weil (SPD) und Bernd Althusmann (CDU) treffen im niedersächsischen Landtag aufeinander. © dpa-Bildfunk Foto: Marcus Brandt

Lob und Frust: Reaktionen aus dem Bund und dem Norden

Stand: 09.10.2022 22:11 Uhr

Bei der Landtagswahl in Niedersachsen ist die SPD laut Hochrechnungen stärkste Kraft geworden. Auch die Grünen und die AfD freuen sich über ihr Wahlergebnis. Enttäuschte Gesichter gibt es hingegen bei der CDU, der FDP und den Linken. Dies zeigt sich auch in den ersten Reaktionen der Bundesvorsitzenden der Parteien.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dem niedersächsischen Regierungschef Stephan Weil zu dessen Sieg bei der Landtagswahl gratuliert. Das Ergebnis spreche eine klare Sprache: "Die Bürgerinnen und Bürger trauen Dir zu, Niedersachsen auch in Zukunft mit Plan voranzubringen. Ich auch - Niedersachsen bleibt in guten Händen", schrieb Scholz am Sonntagabend auf Twitter. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hatte zuvor bereits das Wahlergebnis als klaren Wahlsieg für seine Partei und Ministerpräsident Weil gewertet. Dieser habe aus eigener Stärke heraus ein tolles Ergebnis geholt, sagte Kühnert. Laut Hochrechnungen ist die SPD in Niedersachsen mit mehr als 33 Prozent erneut stärkste Partei.

Auch aus dem Norden gab es Glückwünsche für Ministerpräsident Weil. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) schrieb auf Twitter: "Gute Wahl in Niedersachsen." Außerdem wünschte Tschentscher Weil viel Erfolg bei der Regierungsarbeit. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) lobte den Wahlerfolg der Sozialdemokraten als "ein starkes Ergebnis in schwierigen Zeiten". Die Wahl würde zeigen, dass sich gute und verlässliche Regierungsarbeit auszahlt.

CDU-Generalsekretär: Für uns kein schönes Ergebnis

CDU-Generalsekretär Mario Czaja reagierte hingegen enttäuscht auf die ersten Zahlen. "Es ist für uns kein schönes Ergebnis", sagte Czaja in Berlin. Die CDU habe ihre Ziele nicht erreicht, der SPD sei es dagegen gelungen, sich vom Bundestrend "völlig abzugrenzen". So habe SPD-Spitzenkandidat Weil keine Plakate mit Kanzler Scholz gemacht. "Der Ministerpräsident hat einen Amtsbonus", sagte er zudem. Czaja warb für eine Fortsetzung der rot-schwarzen Landesregierung. "Wir würden uns eine stabile Regierung für Niedersachsen wünschen", sagte er und fügte hinzu, es wäre gut, eine solche Regierung fortzusetzen.

Grünen-Chef Nouripour: Bereit, Verantwortung zu übernehmen

Grünen-Chef Omid Nouripour zeigte sich erfreut über das Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl in Niedersachsen. "Trotz widriger Umstände" hätten die Grünen dort ihr bestes Ergebnis jemals erzielt, sagte der Co-Vorsitzende der Bundespartei am Sonntagabend. Die Grünen seien nun bereit, Verantwortung in Niedersachsen zu übernehmen. Seine persönliche Hoffnung sei, dass die FDP in den Landtag einziehe. Die Ergebnisse der AfD seien "erschreckend" für die Demokratie. Alle seien aufgerufen, dem Paroli zu bieten.

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) gratulierte ihren Parteifreunden in Niedersachsen und Ministerpräsident Weil zum Wahlergebnis. Sie freue sich sehr für die Grünen und ihr Spitzenduo Julia Willie Hamburg und Christian Meyer. "Jetzt stehen die Zeichen auf Rot-Grün, stabil in schwierigen Zeiten!", twitterte Fegebank.

Kubicki: Wähler fremdeln mit Ampel und Rolle der FDP

FDP-Vize Wolfgang Kubicki begründete das schlechte Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl in Niedersachsen auch mit der Politik der Ampel-Koalition und der Rolle der FDP in ihr. Ein wesentlicher Teil der FDP-Wähler in Niedersachsen fremdele nach wie vor mit der Ampel in Berlin und mit der Rolle der FDP, sagte Kubicki am Sonntagabend nach Bekanntwerden der Prognose um 18 Uhr. Man habe in der Ampel einen guten Start hingelegt, dann sei Russlands Überfall auf die Ukraine passiert. Er erwähnte die Energieversorgung, die Inflation und die Sorge, ob der Frieden gewahrt bleiben könne. "Darauf gibt es jedenfalls bisher keine vernünftigen Antworten. Daran werden wir arbeiten müssen - oder diese Ampel wird in schweres Fahrwasser kommen", so Kubicki.

Linken-Chefin: Wahlergebnis in Niedersachsen enttäuschend

Linken-Chefin Janine Wissler äußerte sich enttäuscht über das schlechte Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in Niedersachsen. Doch gab sich die Vorsitzende der Bundespartei in ihrer ersten Reaktion auch kämpferisch. Im kommenden Jahr gebe es mindestens drei Landtagswahlen, und auf die werde man sich vorbereiten. "Es braucht eine starke linke Opposition im Parlament, nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern, und darum kämpfen wir." Die Linke hat den Hochrechnungen zufolge in Niedersachsen den Einzug in den Landtag erneut verfehlt.

Chrupalla sieht AfD-Erfolg als Quittung für Bundespolitik

Der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla begründete die Stimmengewinne seiner Partei in Niedersachsen mit der Unzufriedenheit vieler Bürgerinnen und Bürger über die Ampel-Koalition in Berlin. Die AfD sei die einzige Partei, die die Bundesregierung "vor sich hertreibt", sagte Chrupalla in Hannover. Dass viele Wählerinnen und Wähler die AfD nur aus Protest und Enttäuschung über die anderen Parteien wählten, sieht Chrupalla nicht als Problem. Es sei wichtig, dass es eine Partei gebe, der man "seinen Protest übertragen kann". 

Knobloch schockiert über AfD-Zugewinne in Niedersachsen

Über das AfD-Ergebnis in Niedersachsen zeigt sich die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, schockiert. "Krisenzeiten waren zwar immer eine Feuerprobe für die Demokratie, aber Zuwächse für eine rechtsextreme Partei in dieser Größenordnung sind ein Alarmzeichen für das ganze Land - weit über Niedersachsen hinaus", sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern am Sonntagabend in München. Es sei mehr als verständlich, dass die Menschen "derzeit ihre Sorgen und Nöte mit in die Wahlkabine nähmen", betonte Knobloch. "Wenn sich aber derart viele Wähler für eine Partei entscheiden, die außer Hass und Ausgrenzung nichts zu bieten hat und das Wertegerüst unserer Heimat angreift, dann macht das die Krise nur noch schlimmer." Minderheiten wie die jüdische Gemeinschaft bekämen dies zuerst zu spüren, "am Ende trifft es aber die ganze Breite der Gesellschaft", so Knobloch.

 

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NDR Info | Aktuell | 09.10.2022 | 23:55 Uhr

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