Ein Lokführer aus Hamburg erzählt, warum er streikt
Viele Lokführer sind mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden. Ihr mehrtägiger Streik bei der Deutschen Bahn soll die Wende bringen. Ein Lokführer aus Hamburg berichtet, warum er sich an dem Streik beteiligt und auf welche Besserungen er hofft.
Pascal Mundt fährt seit zehn Jahren bei der Hamburger S-Bahn, einem Tochter-Unternehmen der Deutschen Bahn. Früher hat er in der Gastronomie gearbeitet. Aber dort hat er so wenig verdient, dass er sich für einen Jobwechsel entschied.
Eigentlich mag der 35-Jährige seinen neuen Job als Triebwagenführer gerne. Wenn da nicht der Schichtdienst wäre, die viele Arbeit an Wochenenden, die hohe körperliche Belastung - zum Beispiel durch das frühe Aufstehen. "Wir haben wenig Schlaf und fangen zu sehr unterschiedlichen Zeiten an: mal um 4.12 Uhr, mal um 5.13 Uhr, dann wieder 3.58 Uhr. Auf Dauer kann sich der Körper an keine Zeit gewöhnen", beklagt Mundt.
Häufig nur ein freier Tag in der Woche
Um die Belastung runterzufahren, fordern die Lokführer eine Reduzierung der Arbeitszeit: 35 Stunden statt 38 Stunden pro Woche. Außerdem setzt sich die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) für eine bessere Bezahlung und für eine Fünf-Tage-Woche ein. "Das ist für uns wichtig, damit wir auch wirklich mal zwei Tage frei haben in der Woche. Denn bei nur einem freien Tag am Stück erholt man sich nicht", sagt Mundt. "Einkäufe erledigen, den Haushalt machen und abends vielleicht ein bisschen Fernsehen gucken oder spazieren gehen: Das war es dann, mehr ist an einem freien Tag nicht drin."
"Der Freundeskreis verkleinert sich"
Die wechselnden Schichtzeiten bringen neben der körperlichen Belastung auch Einschnitte im Privatleben mit sich: "Man kann als Lokführer nicht so am Leben teilhaben, wie man möchte", sagt Mundt. Durch die vielen Einsätze am Abend und an den Wochenenden könnten Lokführer beispielsweise nicht so am Vereinsleben teilnehmen wie andere. Sei es Fußball oder Tanzen. Generell sei es als Lokführer schwierig, Beruf und Freizeit unter einen Hut zu bringen. "Wenn man den Beruf erlernt, ist man sich schon im Klaren darüber: Man wird damit klarkommen müssen, dass sich der Freundeskreis verkleinern wird", sagt der Hamburger Lokführer. "Weil nicht jeder das Verständnis hat. Da heißt es dann: Der sagt drei- oder viermal ab, weil er arbeiten muss, dann wollen wir mit dem auch nichts mehr zu tun haben."
Streik trotz Frust bei den Bahnreisenden
Pascal Mundt weiß darum, dass viele Reisende unzufrieden mit der Deutschen Bahn sind. Die vielen Verspätungen führen zu viel Ärger in den Zügen und auf den Bahnsteigen. Und der mehrtägige Streik sorgt zusätzlich für Frust. Der Lokführer lässt sich aber dadurch nicht davon abbringen, zu streiken. "Ein normaler Bürger kennt die Hintergründe ja nicht: Er weiß nicht, wie unsere Schichtpläne aussehen."
Zu wenig Zeit für den Campingplatz
Der Lokführer ist begeisterter Dauercamper. Gemeinsam mit seiner Frau hat er am Stadtrand von Hamburg auf einem Campingplatz einen Wohnwagen stehen. Direkt an der Elbe. Eine echte Idylle, auch im Winter. Dort würde der Lokführer gerne mehr Zeit verbringen - auch mal öfter ein ganzes Wochenende, nicht nur einen einzelnen freien Tag: "Wenn es wirklich schiefläuft, habe ich ein Wochenende im Monat frei. Wenn es gut läuft, zwei. Aber dass ich drei freie Wochenenden habe, das ist eigentlich utopisch."
Der 35-Jährige hofft nun darauf, dass sich die Lokführer im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn durchsetzen. Neuerungen bei den Arbeitszeiten sind ihm wichtiger als mehr Geld. Damit es besser wird mit dem Schichtbetrieb. Also: mehr Freiraum für Verabredungen mit Freunden und Familie und für entspannte Tage auf dem Campingplatz am Ufer der Elbe.