Deutsche Bucht hat große Bedeutung für internationale Schifffahrt
Für den Schiffsverkehr hat die Deutsche Bucht in der Nordsee eine sehr große Bedeutung. Nach der Frachter-Kollision vor Helgoland gibt es dort derzeit eine Sperrung rund um die Unglücksstelle. Es ist wichtig, dass sie umfahren werden kann.
Laut Schätzungen des Bundeswirtschaftsministeriums verlassen rund zwei Drittel der in Deutschland produzierten Waren das Land auf dem Seeweg - und die meisten davon durch die Deutsche Bucht. Grund dafür ist deren geografische Lage: Die Deutsche Bucht umfasst das Seegebiet vor der dänisch-deutsch-niederländischen Küste. Insgesamt erstreckt es sich über eine Fläche von rund 77.000 Quadratkilometern - von Cuxhaven und den Ostfriesischen Inseln bis zur Westküste von Schleswig-Holstein.
Die Deutsche Bucht gilt als eines der meistbefahrenen Seegebiete weltweit: Laut Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) fahren jährlich etwa 120.000 Schiffe durch das Gebiet. So passieren etwa alle Schiffe, die aus dem Ärmelkanal, von England oder den Benelux-Ländern in Richtung Skandinavien fahren, die Bucht. Das gilt außerdem für alle Frachter, die die großen deutschen Häfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven ansteuern sowie für Schiffe, die durch den Nord-Ostsee-Kanal die Ostsee-Häfen anlaufen.
Frachter-Kollision vor Helgoland: Warenverkehr nicht gefährdet
Die aktuelle Sperrung im Radius von einer halben Meile nach dem Zusammenstoß der beiden Frachter "Verity" und "Polesie" behindert den Warentransport auf der wichtigen Route nicht, wie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) auf Nachfrage mitteilte. Laut der WSV kann die Unglücksstelle umfahren werden. Im Vergleich zur gesamten Fläche der Deutschen Bucht nimmt das derzeitige Sperrgebiet nur einen sehr geringen Anteil ein. Auch ein größeres Sperrgebiet, etwa infolge austretenden Öls wie bei dem "Pallas"-Unglück vor 25 Jahren, würde den Angaben zufolge in der Deutschen Bucht nicht für gravierende Probleme sorgen.
BSH: Kein Engpass wie im Suezkanal
Ein Engpass mit möglichen Lieferverzögerungen wie im März 2021 im Suezkanal droht laut BSH nicht. Dort lag damals das Containerschiff "Ever Given" tagelang quer und blockierte damit die Weiterfahrt vieler weiterer Frachtschiffe. Die Blockade hatte damals Folgen für Unternehmen und Konsumenten weltweit, die Lieferketten waren wochenlang gestört. Während der Suezkanal jedoch ein enges, geografisches Nadelöhr in der internationalen Seefahrt ist, biete die Nordsee in der Deutschen Bucht genügend Platz für den weiteren Schiffsverkehr, so die Bundeslotsenkammer.
Sicherheitsmaßnahmen gelten auch in Deutscher Bucht
Um Kollisionen - nicht nur in der Deutschen Bucht - zu vermeiden, gibt es in der internationalen Seefahrt diverse Schutzmaßnahmen. Zu den Kollisionsverhütungsregeln gehört zum Beispiel Rechts-vor-Links-Verkehr. Außerdem muss ein überholendes Schiff dem überholten ausweichen. In Verkehrstrennungsgebieten wird der Schiffsverkehr klar geregelt gelenkt: Pro Fahrtrichtung gibt es eine Spur. Radargeräte, die automatisch warnen können, gehören zur Ausstattung der Schiffe. Und: Nähern sich große Schiffe - ab 90 Metern Länge - engen Revieren wie etwa der Elbe, dann müssen sie Lotsen an Bord nehmen.
Bautätigkeiten an neu entstehenden Offshore-Windparks stellen die Schifffahrt auch in der Deutschen Bucht des Öfteren vor Herausforderungen und engen den vorhandenen Platz für die Schiffe ein. Aber: Laut WSV seien die Unfallzahlen in dem Gebiet ausgesprochen niedrig.
Corona-Folge: Langer Rückstau im Jahr 2022
Im vergangenen Jahr gab es allerdings auch ohne ein Schiffsunglück einen langen Stau in der Deutschen Bucht. Rund hundert Schiffe lagen tagelang vor der Elbmündung in der Nordsee auf Reede. Das lag daran, dass vielen Logistikunternehmen oder Häfen infolge der Corona-Pandemie weniger Personal und auch weniger Transportkapazitäten zur Verfügung standen. Dadurch kam es zu großen Verzögerungen bei der Abfertigung. Frachter, die normalerweise etwa drei Tage im Hafen stoppen, blieben 10, 20 oder gar 30 Tage dort hängen. Die Ware blieb liegen, übrigens auch wegen Kaufzurückhaltung der Verbraucher.