Corona: Stiko empfiehlt Gesunden keine weitere Booster-Impfung
Die Ständige Impfkommission (Stiko) will gesunden Menschen vorerst keine weiteren Covid-Auffrischimpfungen empfehlen. Die Kommission gab nun die Eckdaten für ihre aktuelle Impfempfehlung bekannt - es soll die vorerst letzte sein. Damit wird Covid jetzt behandelt wie andere Infektionskrankheiten auch.
Es ist noch eine vorläufige Fassung der Stiko-Empfehlung, weil erst noch unter anderem die medizinischen Fachgesellschaften ihre Einschätzung dazu abgeben müssen. Die Linie aber ist wohl schon klar: Wenn sich das Virus nicht überraschend in eine völlig andere Richtung entwickelt, will die Stiko nicht mehr alle paar Monate aktualisierte Empfehlungen herausgeben, sondern die Covid-Impfung in den regulären Impfkanon aufnehmen. Eine der wichtigsten Botschaften: Auffrischimpfungen sind nur noch für Ältere und Vorerkrankte vorgesehen.
Laut Infektionsimmunologe und Stiko-Mitglied Christian Bogdan hat sich Sars-CoV-2 nicht in der Form entwickelt, dass immer krank machendere, also virulentere Varianten aufgetreten sind, sondern: "Wir haben jetzt Varianten, die zwar hoch infektiös sind, aber nicht zu einem sehr schweren Krankheitsverlauf auch bei vorhandener Immunkompetenz führen."
Großteil der Bevölkerung hat Antikörper
Allerdings hatte es unter ungeimpften Älteren beispielsweise in Hongkong durchaus auch viele schwere Verläufe gegeben, auch mit der Omikron-Variante. Doch hier kommt der zweite Teil der Stiko-Begründung ins Spiel: Die Bevölkerungsimmunität in Deutschland ist ganz anders als noch vor einem Jahr. Egal ob durch Impfung oder mindestens eine durchgemachte Infektion - ein Großteil der Menschen hat mittlerweile Antikörper und einen guten Immunschutz auf Zellebene.
Wer noch nicht geimpft ist, aber schon mal infiziert war, bräuchte nach Einschätzung der Stiko deshalb auch nur noch zwei Impfdosen für eine Grundimmunisierung. Wer dagegen ohnehin schon dreifach geimpft ist, dem wird erstmal keine Auffrischung empfohlen. Denn die Impfung soll vor allem schwere Verläufe verhindern. Immunologe Bogdan meint dazu: "Wir müssen uns lösen von der Idee, dass wir durch eine Covid-19-Impfung harmlose Atemwegsinfektionen verhindern können."
Booster für Ältere und Vorerkrankte
Anders sieht es für Ältere und Vorerkrankte in allen Altersgruppen aus. Im jährlichen Abstand sollen sie eine Auffrischimpfung bekommen, vorerst und solange es keine neuen Erkenntnisse zum Langzeitschutz gibt oder das Virus sich nicht verändert. Zu oft boostern kann man nach Einschätzung von Immunologe Carsten Watzl gar nicht, wenn der Abstand groß genug ist: "Da gibt es keine Erschöpfung und auch keinen Effekt, wo das Immunsystem nachher sogar negativ reagieren würde. Das kann man vergleichen mit einigen Infektionserkrankungen, die ich mir auch fast im jährlichen Abstand hole", sagt Watzl. Das Immunsystem sei in der Lage, regelmäßig auf den gleichen Erreger zu reagieren.
Stiko: Keine Impfempfehlung mehr für Kinder
Neu ist, dass die Stiko für gesunde Kinder und Jugendliche gar keine Impfung mehr empfiehlt. Das gilt auch auch für die, die erst jetzt in das Alter kommen, für das eine Impfung zugelassen ist. Denn in der Regel waren die Kinder schon infiziert und haben deshalb Immunität aufgebaut. Bei Neugeborenen greift nach Einschätzung der Stiko der sogenannte Nestschutz: Die Antikörper der Mutter schützen das Kind durch Schwangerschaft und Stillen für den Anfang mit. Wenn die Kinder in das Alter von sechs Monaten kommen, dann könnten sie das mit ihrem unspezifischen Immunsystem gut bearbeiten, meint Watzl. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass das Risiko, schwer zu erkranken, sehr sehr gering ist."
Der Immunologe betont aber, dass Kinder nach wie vor geimpft werden könnten - auch ohne Vorerkrankungen. Der Zusatz, dass die Stiko kein erhöhtes Risiko in der Impfung sieht, sei sehr wichtig: "Einige Ärzte leiten aus einer fehlenden Empfehlung manchmal auch ab, dass man gar nicht impfen darf, weil es vielleicht zu gefährlich ist." Das sei aber nicht der Fall - und gilt auch für Schwangere: Im Zweifel macht es Sinn, mit dem Arzt zu besprechen, wann die letzte Infektion oder Impfung war. Denn für den Nestschutz der Babys ist eine Basis-Immunität wichtig.
Long Covid spielt keine Rolle bei Empfehlung
Keine größere Rolle gespielt hat übrigens die Frage nach Long Covid bei der Stiko-Empfehlung. Denn die Impfung reduziert das Risiko zwar, vollständig verschwunden ist es damit aber auch nicht. Immerhin gibt es allerdings Studiendaten, die darauf hindeuten: Die Omikron-Variante hat das Long-Covid-Risiko deutlich gesenkt.