Corona-Expertenrat des Bundes stellt Arbeit ein
Der seit Dezember 2021 aktive Corona-Expertenrat der Bundesregierung stellt seine Arbeit ein. Am Dienstag ist das Gremium ein letztes Mal in Berlin zusammengekommen.
In einer Art Abschiedsrunde saß am Dienstag in Berlin zum letzten Mal der Corona-Expertenrat der Bundesregierung zusammen. Die 19 Wissenschaftler des Gremiums haben gemeinsam mit Vertretern der Verwaltung über Corona-Regeln, Ansteckungsrisiken oder Long Covid beraten, Stellungnahmen verfasst und der Politik Empfehlungen gegeben. Aus Mecklenburg-Vorpommern saßen zwei Vertreter in diesem Rat: Der Greifswalder Bioinformatiker Lars Kaderali und der Landrat aus Ludwigslust-Parchim Stefan Sternberg (SPD).
Hebestreit: Pandemie hat sich normalisiert
Regierungssprecher Steffen Hebestreit begründet das Ende der Arbeit des Expertenrats damit, dass sich die Pandemie normalisiert habe. Das Robert-Koch-Institut schätzt die Gefährdung durch Covid-19 in Deutschland derzeit insgesamt als moderat ein. Am Karfreitag wird das Bundesinfektionsschutzgesetz auslaufen und damit enden die letzten Corona-Maßnahmen. Das heißt: In Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder Arztpraxen entfällt dann die FFP2-Maskenpflicht. In Mecklenburg-Vorpommern ist die Corona-Schutzverordnung des Landes bereits Anfang März nach mehr als 1.000 Tagen ausgelaufen. Die 7-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen im Land liegt derzeit bei 62,4. Die Hospitalisierungsinzidenz ist zuletzt leicht gestiegen auf derzeit 3,5.
Scholz dankbar für Arbeit des Rates
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lud die Mitglieder des Expertenrats nach ihrer letzten Sitzung am Dienstag zu einem Mittagessen ins Kanzleramt. Er bedankte sich bei ihnen für ihre ehrenamtliche Arbeit der vergangenen Monate. Sie hätten die Bundesregierung durch fundierte und umsichtige Lageeinschätzungen unterstützt, heißt es. Das Gremium hat 16 Monate lang zusammengearbeitet und in Summe zwölf Stellungnahmen geschrieben. Die Wissenschaftler warnten etwa vor der Virusvariante Omikron und vor Überlastungen der Kliniken, mahnten Kontaktbeschränkungen an oder forderten eine bessere Corona-Aufklärung.
Schwesig räumt Fehler in MV ein
Bei einer Kabinettssitzung am Dienstag in Schwerin würdigte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) den Zusammenhalt der Bevölkerung in den drei Pandemiejahren. "Ich bin beeindruckt davon, wie viele Bürgerinnen und Bürger Solidarität, Hilfsbereitschaft und Vernunft gezeigt haben", sagte Schwesig. Für sie selbst sei es eine Zeit schwerster Entscheidungen gewesen. Sie räumte ein, dass sich im Nachhinein eine Reihe von Maßnahmen aus der Anfangszeit der Pandemie als überzogen erwiesen hätte, wie etwa die Schließung von Spielplätzen oder das rigorose Besuchsverbot in Pflegeheimen. Bewährt hätten sich hingegen der regelmäßige und enge Austausch mit Medizinexperten und die Einbeziehung breiter gesellschaftlicher Bereiche bei der Festlegung und Lockerung der Schutzmaßnahmen.
Corona-Expertin: Viel dazugelernt
Der Long Covid-Expertin Dr. Jördis Frommhold zufolge konnten in Deutschland während der Corona-Pandemie in verschiedensten Bereichen wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden. "Zum Beispiel die Erreger wirklich im Auge zu behalten, dass wir Übersichten haben, Statistiken haben", machte Frommhold im Interview bei NDR MV Live als Fortschritt aus. Sie sieht die Bevölkerung nun in Eigenverantwortung, wertet aber eine umfassende Aufklärung zu Hygiene- und Schutzmaßnahmen weiter als wichtige Säule für die Pandemie-Eindämmung. Frommhold warnt außerdem davor, eine Infektion nicht ernst zu nehmen und mahnt zur Schonung im Falle des Auftretens von Symptomen.
Was kommt jetzt?
Hebestreit zufolge werde im Kanzleramt noch diskutiert, was sich an die Arbeit des Corona-Expertenrats anschließen könne. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann, forderte bereits eine Enquete-Kommission. Diese solle die vergangene Pandemiepolitik überprüfen und Schlüsse für die Zukunft ziehen – in Vorbereitung auf eine nächste Pandemie. Und auch die Gesundheitsministerin Mecklenburg-Vorpommerns, Stefanie Drese (SPD), macht auf Nachfrage deutlich: Auf eine wissenschaftliche Expertise wie die der Corona-Expertenräte in Bund und Ländern wolle man künftig in Krisensituationen nicht mehr verzichten.