Notfallversorgung: Asklepios und Arztpraxen in Hamburg streiten
Hohe Infektionszahlen sorgen derzeit für einen Engpass bei der Notfallversorgung in Hamburg. Viele Menschen mit Atemwegserkrankung drängen in Notfallpraxen und Notaufnahmen. Der Engpass sorgt für Streit.
Der Krankenhausbetreiber Asklepios warnte am Dienstag vor einem Kollaps des Systems. Die Situation sei bedrohlich. Die Notaufnahmen in Hamburg müssten sich um immer mehr Patientinnen und Patienten kümmern - ohne dafür genug Personal zu haben, so Asklepios. Ein Grund dafür sei die große Zahl von Atemwegsinfekten. Asklepios forderte von den niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen in Hamburg mehr Einsatz, um eine Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern.
Kassenärzte bezeichnen Forderungen als "weltfremd"
"Wer vom Rettungsdienst mitgenommen wird, ist kein Fall für die ambulante Versorgung, sondern für das Krankenhaus", sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH), John Afful, am Mittwoch. Asklepios solle seine ureigenen Aufgaben nicht auf andere abwälzen, so Afful weiter.
Hausärzteverband: "Praxis-Teams arbeiten am Anschlag"
Den Vorwurf von Asklepios will auch Jana Husemann vom Hausärzteverband nicht auf sich sitzen lassen. "Über 1.000 Hausärztliche Praxen behandeln über 90 Prozent aller Infektpatienten mit vielen Überstunden, unsere Praxis-Teams arbeiten am Anschlag und über ihre Belastungsgrenze hinaus."
Praxen von Haus- und Kinderärzten auch überfüllt
Asklepios' Behauptung, die Krankenhäuser würden die aktuelle Ausnahmesituation alleine stemmen, "ist an Absurdität kaum zu überbieten", so Afful. Er verwies darauf, dass die KVH die Notfallversorgung außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut hat. "Wir betreiben inzwischen acht Notfallpraxen - die meisten davon an Krankenhäusern."
Asklepios fordert Task Force für konstruktive Lösungen
Die Frage, ob niedergelassene Ärztinnen und Ärzte Patientinnen und Patienten zu schnell in Notaufnahmen schicken, verneinte Sara Sheikhzadeh von Asklepios am Mittwochabend im Hamburg Journal des NDR Fernsehens. "Wir wollen einfach nur sagen, das System ist durch diese Lage stark belastet. Wir verstehen auch die Hausärzte, die arbeiten genauso wie wir an ihrer Kapazitätsgrenze. Wir wollen nur mit unserer Task Force gemeinsam konstruktive Lösungen für die Stadt und den Bürger finden."
KVH will Arztruf verstärken und Sprechstunden ausweiten
Der Asklepios-Forderung nach der Einrichtung einer Task Force aller an der Notfallversorgung Beteiligten unter Leitung der Stadt steht die Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg positiv gegenüber. Die KVH will zudem über die Feiertage ihren Arztruf 116 117 verstärken und die Sprechstunden ihrer Notfallpraxen ausweiten.
Sozialbehörde steht "für gemeinsame Runde zur Verfügung"
Asklepios forderte, dass eine Task Force jetzt schnellstmöglich Lösungen finden müsse - gerade mit Blick auf die Feiertage, wenn viele Arztpraxen geschlossen haben. Auch die Sozialbehörde zeigte sich gesprächsbereit im Hinblick auf die Task Force. "Wir stehen für eine gemeinsame Runde zur Verfügung", sagte Behördensprecher Martin Helfrich auf Nachfrage.
Bereits am Montag hatten Gewerkschaften davor gewarnt, dass der Rettungsdienst in Hamburg vor einem Kollaps stehe - es gebe so viel zu tun, wie sonst nur in Silvesternächten.