Nach Amoklauf: Gedenkfeier für Opfer und Helfende in Hamburg
In der Hamburger Hauptkirche St. Petri wurde am Sonntag der Opfer des Amoklaufs vom 9. März gedacht. Die großen christlichen Kirchen hatten zu dem Gottesdienst eingeladen.
"Es ist schrecklich, was passiert ist. Es ist mein Bedürfnis teilzunehmen", sagte eine Besucherin kurz vor Beginn des Gottesdienstes. Ein Mann sagte: "Das hat mich tief berührt, ich hoffe, dass die Welt gewaltloser wird." Und der evangelische Polizeipastor Patrick Klein, der selbst am 9. März im Einsatz war, meinte: "Es ist wichtig, dass wir innehalten, angesichts der schrecklichen Tat." Unter den Gästen waren zahlreiche Notfallseelsorgende, Polizistinnen und Polizisten sowie Politikerinnen und Politiker der Hansestadt, darunter Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, Innensenator Andy Grote (beide SPD) und Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) und die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit (SPD).
Tschentscher: "Stadtgesellschaft ist erschrocken"
Tschentscher sagte am Rande der Veranstaltung: "Es ist die gesamte Stadtgesellschaft, die erschrocken ist, und die mit dieser Gedenkfeier den Rahmen hat, ihrer Trauer und Anteilnahme Ausdruck zu geben". Nicht die Stadt Hamburg richtete diese Gedenkfeier aus. Es waren das Erzbistum Hamburg, die Nordkirche und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, die in die Hauptkirche St. Petri eingeladen hatten. Vier Kerzen wurden während der Zeremonie entzündet: für die Betroffenen und Opfer des Amoklaufs, für die Einsatzkräfte, für die Nachbarschaft und den Frieden.
Heße: "Zeichen setzen für den Frieden"
"Wir wollen ein Zeichen setzen für den Frieden, von dem wir glauben, dass er siegen wird und dass er am Ende stärker ist", sagte Hamburgs katholischer Erzbischof Stefan Heße bei der Eröffnung des ökumenischen Gedenkens. "Je düsterer die Aussichten auf Frieden auch sein mögen, um so eindringlicher und umso entschlossener müssen unser Hoffen und unsere Zuversicht sein, unser Willen zu Frieden und auch unser Tun."
Fehrs: "Eine ganze Stadt trauert"
Auch die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs predigte bei dem ökumenischen Gottesdienst. Sie fand ebenfalls tröstende Worte. "Eine ganze Stadt trauert", sagte sie zu Beginn ihrer Ansprache. Viele würden sich nach einer so grausamen Gewalttat fragen, wo Gott gewesen sei. "Für mich war Gott genau da - in Ihnen anwesend", sagte sie den anwesenden Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und Notfallseelsorge. "In Ihnen, den Mitmenschen mit den rettenden Händen und rettenden Worten. Die mit Herz und Hingabe Leib und Leben riskiert haben, um noch Schlimmeres zu verhüten."
Zeugen Jehovas planen Trauerfeier
Mit der glaubensübergreifenden Gedenkveranstaltung wollten die Hamburger Kirchen der Trauer einen Raum geben und Trost und Fürsorge spenden. Das Gedenken solle und könne keine Trauerfeier der Zeugen Jehovas ersetzen, hieß es von den Kirchen dazu weiter. Deshalb beteten Fehrs und Heße im Rahmen einer Fürbitte für die Opfer, die Verletzten, deren Angehörigen sowie für die Helfenden, Retterinnen und Retter, Polizisten und Polizistinnen und Feuerwehrleute. Die Zeugen Jehovas unterstützten das Gedenken und freuten sich über die Solidarität, wie sie im Vorfeld sagten. Sie planen aber eine Trauerfeier nach ihren christlichen Glaubensüberzeugungen. Von ihnen war dem Vernehmen nach am Sonntag in der Hauptkirche St. Petri niemand anwesend.
"Wir wollen unsere eigene Form wählen"
Am Dienstag hatte der geplante Gottesdienst der großen christlichen Kirchen noch für Verstimmungen gesorgt, denn die Zeugen Jehovas gehören nicht zu ihrer Arbeitsgemeinschaft. "In diese Gespräche, diese Planungen ist nicht ein einziges der Opfer involviert oder die Angehörigen, geschweige denn die Gemeinde der Zeugen Jehovas, die bestimmt einen Weg finden möchte, auf ihre Art und Weise, nach ihren christlichen Prinzipien eine Trauerfeier durchzuführen", empörte sich Sprecher Michael Tsifidaris. Mittlerweile heißt es von dem Sprecher der Glaubensgemeinschaft, er schätze die Solidarität und Anteilnahme, die durch diese Gedenkfeier zum Ausdruck komme. "Eine offizielle Teilnahme von Jehovas Zeugen wird es jedoch nicht geben. Wir wollen unsere eigene Form wählen", sagte der Regionalbeauftragte.
Zeugen Jehovas schätzen Anteilnahme
"Wir haben uns natürlich ausgetauscht, auch mit den Initiatoren des Gottesdienst", sagte Tsifidaris am Freitag im Interview mit NDR Info. Die Gemeinde schätze diese Form der Anteilnahme, sie werde aber schon bald eine eigene Trauerfeier veranstalten, um dem Wunsch der Angehörigen und vor allem auch dem Gedenken der Opfer gerecht zu werden. Die Gemeinde sei der Stadt Hamburg sehr dankbar, die sie bei der Vorbereitungsarbeit unterstütze, so Tsifidaris. Mehr Details kämen in den kommenden Tagen: "Wir werden auch Wege finden, wie die breitere Öffentlichkeit Anteil nehmen kann." Die Stadt hat am Sonnabend ein Kondolenzbuch im Rathaus ausgelegt. Dort können Hamburgerinnen und Hamburger eine Woche lang in der Zeit zwischen 10 und 18 Uhr ihre Anteilnahme zum Ausdruck bringen. Später soll es den Angehörigen der Opfer übergeben werden. "Wir schätzen diese Geste sehr", sagte der Sprecher der Gemeinde.
Bei dem Amoklauf am 9. März hattein der Straße Deelböge im Stadtteil Alsterdorf der 35-jährige Philipp F. sieben Menschen - darunter ein ungeborenes Kind - und sich selbst getötet. Nach Angaben Zeugen Jehovas vom Freitag sind inzwischen alle Verletzte außer Lebensgefahr.