Kommentar: Elbvertiefung spaltet die Koalition in Hamburg
Gerade einmal zehn Monate konnte der Hamburger Hafen von der jüngsten Elbvertiefung voll profitieren. Jetzt ist erstmal Schluss damit, weil immer mehr Schlick und Sand in der Elbe ist. Und das möglicherweise für längere Zeit. Laut Wasser- und Schifffahrtsverwaltung könnte es drei bis fünf Jahre dauern, bis die Elbe wieder ihre ursprüngliche Tiefe hat. Das sorgt für Streit in der Hamburger Regierungskoalition. Dietrich Lehmann kommentiert.
Die Elbvertiefung ist eindeutig und endgültig gescheitert. Punkt. Dieser Satz von Grünen-Co-Fraktionschef Dominik Lorenzen in dieser Woche sitzt. Und um noch einen obendrauf zu setzen versucht er gleich noch jeden Widerspruch im Ansatz zu ersticken, wenn er sagt: Nicht Klimawandel oder sonst etwas sind die Ursachen für den Schlick. Nein, die Elbvertiefung selbst sei das Problem. Im Klartext heißt das: Wenn es nach den Grünen geht, dann hätte die Elbe gar nicht ausgebaggert werden können. Aussagen, die an den Grundfesten der rot-grünen Koalition in Hamburg rütteln, und die sich Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) so nicht gefallen lassen kann.
Zu viel Schlick in der Elbe
Was ist passiert? Rund zwei Jahrzehnte wurde die Elbvertiefung geplant, es gab Klagen, Nachbesserungen, bis die Baggerschiffe anrücken konnten. Anfang dieses Jahres wurde die neunte Fahrrinnenanpassung offiziell freigegeben. Seitdem aber muss wesentlich mehr gebaggert werden als früher, um wenigstens den Status Quo zu erhalten. Denn die neuen Böschungen unter Wasser rutschen immer wieder ab. Jeder, der schon mal eine Sandburg am Strand gebaut hat, kennt das. Und: Durch heftige Sturmfluten Anfang des Jahres ist noch mehr Schlick in die Elbe gelangt, heißt es beim Bund. Aber: Mit dem Baggern kommt der Bund nicht hinterher. Jetzt soll Hamburg aushelfen. Ist die Elbvertiefung also gescheitert, wie Umweltverbände und eben die Grünen im Hamburger Rathaus meinen?
Elbvertiefung ist im Koalitionsvertrag geregelt
Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und Grüne darauf geeinigt, dass die Elbvertiefung umgesetzt wird. Eine Kröte, die die Grünen geschluckt haben, um mitregieren zu können. Klar, kein Vertrag gilt für die Ewigkeit. Und wenn es bei den Grünen die stille Hoffnung gab, dass sich die Elbvertiefung durch den Schlick von allein erledigt, dann sollten sie das auch so benennen - und öffentlich diskutieren lassen. Wer die Elbvertiefung, den Hamburger Hafen in Frage stellt, der muss sich über die Konsequenzen im Klaren sein. Es geht nicht nur um tausende Jobs in der Stadt, um hunderttausende in Deutschland, die daran hängen. Es geht auch um die Frage, ob wir auf unseren gewohnten Lebensstil verzichten wollen. Regale in Supermärkten, Möbelhäusern und Kaufhäusern lassen sich nicht mit Lastenfahrrädern füllen.
Bürgermeister ist gefragt
Hafenwirtschaft und die CDU-Opposition fordern zu Recht, dass Bürgermeister Tschentscher eingreifen muss. Nicht nur, um den Bund daran zu erinnern, dass er seine Zusagen einhalten muss, damit die Elbe tief genug bleibt. Es geht auch darum, dass die Grünen ihre eigene Agenda offenlegen: Stehen sie zum Hamburger Hafen oder nicht? Mitregieren und hintenrum eine andere Politik betreiben geht nicht. Deswegen: SPD und Grüne müssen klären, ob sie noch zusammen regieren wollen und können.