Hamburgs Kinder- und Jugendnotdienst ist stark überlastet
Überlastete Notaufnahmen in Krankenhäusern sind auch in Hamburg gerade Alltag. Genauso dramatisch ist aber auch die Lage beim Kinder- und Jugendnotdienst (KJND). Dort mussten Kinder zwischenzeitlich in einer Turnhalle untergebracht werden.
Ans Licht gekommen ist das durch Senatsantworten auf eine Kleine Anfrage der Links-Fraktion. Die Unterkünfte des KJND platzen demnach aus allen Nähten. So sind in der Unterbringungshilfe, im Mädchenhaus und auch in der Erstaufnahme zum Teil mehr als doppelt so viele Plätze belegt wie eigentlich vorhanden. Grund für die Engpässe sind demnach die Überlastung von Familien durch die Corona-Pandemie, mehr Inobhutnahmen wegen Kindeswohlgefährdung, aber auch die hohe Anzahl an Geflüchteten aus der Ukraine, aus Afghanistan und Syrien.
"Alle tun ihr Bestes, aber die Lage ist desolat"
"Die Lage ist desolater denn je, obwohl sich die Behörde bemüht, Abhilfe zu schaffen", sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus. Sie macht darum auch weder der Sozialbehörde noch den Jugendämtern Vorwürfe, alle würden ihr Bestes geben, betonte sie im Gespräch mit NDR 90,3. Der KJND muss immer dann einspringen, wenn schnell geholfen werden muss. Es sei daher bitter, so Boeddinghaus, dass der KJND kein sicherer Ort für schutzbedürftige Kinder und Jugendliche sei.
Forderung nach einem runden Tisch
Die aus der Not geborene Absenkung pädagogischer Standards und "der Querbeeteinsatz von Personal durch verschiedene Professionen hindurch dürfe nicht zur Dauerlösung werden". Das System der Krisenintervention und Notunterbringung im KJND müsse geprüft und neu gestaltet werden, forderte Boeddinghaus. Es brauche einen runden Tisch mit allen Beteiligten, um dauerhafte Lösungen zu finden.
Mehr als doppelt so viele Kinder untergebracht
Die Linksfraktion hatte mehrere Senatsantworten ausgewertet. Demnach verfügt die Unterbringungshilfe über 42 Plätze. Von September bis November 2022 seien allerdings mehr als doppelt so viele junge Menschen untergebracht worden. Den Angaben nach waren im November sogar 56 junge Menschen mehr als eigentlich zulässig untergebracht worden. Ein ähnliches Bild gab es im Mädchenhaus mit insgesamt elf regulären Plätzen. Dort waren im August und November jeweils zwölf Mädchen mehr als vorgesehen untergebracht.
Längere Aufenthalte in Erstaufnahmen
In der Erstaufnahme gibt es laut der Senatsantworten Plätze für 44 unbegleitete minderjährige Jungen. Tatsächlich seien im September und Oktober 126 und im November 124 Jugendliche zu betreuen gewesen. Entsprechend sei die in der Mehrzweckhalle untergebrachten Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren von zehn im August auf 28 im November gestiegen. Ein weiteres Problem: Junge Menschen blieben immer länger in den Einrichtungen.
Sozialbehörde: "Keine einfache Lage"
Die Sozialbehörde räumte eine "nicht einfache Lage im Kinder- und Jugendnotdienst" ein. Zum einen gebe es eine hohe Zahl von unbegleiteten Minderjährigen, sagte ein Behördensprecher dem "Hamburger Abendblatt". Zum anderen sei auch der Landesbetrieb Erziehung und Beratung von einem hohen Krankenstand beim Personal betroffen.