Encrochat: Jackpot für die Hamburger Ermittler
Der Hamburger Hafen ist einer der größten Drogen-Umschlagplätze in Europa. Hier ist eine Schattenwelt am Werk, die hochprofessionell agiert. Das wissen Ermittlerinnen und Ermittler noch besser, seitdem der Kryptodienst Encrochat geknackt wurde.
"Wir stellen fest, dass die Organisierte Kriminalität ähnlich aufgebaut ist wie ein legales Wirtschaftsunternehmen", sagt Stephan Meyns, Sprecher des Zollfahndungsamtes Hamburg. "Auch hier gibt es Menschen, die für den Transport der Ware zuständig sind, es gibt Menschen, die dafür zuständig sind, Ware aus dem Hafen herauszubringen, und es gibt auf dem Schwarzmarkt dann den Einzelhändler, der die illegale Ware dann an den Endverbraucher bringt."
Geschäft floriert weiter
Die Entschlüsselung von Encrochat vor zweieinhalb Jahren hat das Dunkelfeld aufgehellt. Trotzdem floriert das Geschäft weiter: Jahr für Jahr zieht etwa der Zoll tonnenweise Kokain aus dem Verkehr. 2021 markiert mit 19,1 Tonnen dank eines Großfundes ein Rekordjahr. Der Preis pro Kilogramm Kokain liegt den Ermittelnden zufolge bei bis zu 48.000 Euro. "Wenn man damit rechnet, dass es mehrere Hundert Verfahren geben wird, ist das dann ein riesiger Personal-Aufwand", so Oberstaatsanwalt Wolfgang Zöllner.
Akten stapeln sich
Seit der Entschlüsselung arbeitet die Justiz auf Hochtouren. Bei der Staatsanwaltschaft stapeln sich 5.000 Fall-Akten. Für die Encrochat-Verfahren sind in mehreren Abteilungen 31 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zuständig. 258 Tatverdächtige wurden verhaftet. Allein das Landgericht Hamburg führt 206 Verfahren, von denen 80 Prozent inzwischen erledigt sind. Erst vor zwei Monaten wurde ein Profi-Händler zu zwölf Jahren und vier Monaten verurteilt - unter anderem wegen Handels mit anderthalb Tonnen Kokain.
Unterwelt bleibt aktiv
Trotz der Ermittlungserfolge durch Encrochat ist die Unterwelt weiter aktiv. Die Ermittlerinnen und Ermittler sind es aber auch. Encrochat ist nämlich nicht der einzige Kryptodienst, der geknackt wurde. Zum Beispiel liegt mit SkyECC den Ermittlern inzwischen ein weiterer Datensatz vor. "Es ist absehbar, dass die Gesamtmenge dieser Daten - was wir bei Encrochat haben, betraf ja nur einen Zeitraum von neun bis zehn Wochen - diesen Zeitraum um ein Vielfaches übersteigen wird, so dass dann, wenn diese Daten zur Verfügung stehen, Staatsanwaltschaften verpflichtet sind, diese Sachverhalte aufzuklären und zur Anklage zu bringen", so Oberstaatsanwalt Zöllner.
Noch spielt der Kryptodienst SkyECC am Landgericht eine untergeordnete Rolle. "Wir haben im Moment mit SkyECC nur insofern Erfahrung, dass es nur um zusätzliche Informationen in Verfahren geht, in denen es maßgeblich um Encrochat-Verfahren geht", sagt Landgerichts-Sprecher Kai Wantzen.
Weitere Daten erwartet
Die Ermittlerinnen und Ermittler sind gerüstet. Sie erwarten in diesem Jahr weitere Daten. Nichtsdestotrotz: Der Drogentransport im Hamburger Hafen dürfte weitergehen.