Trotz massiver Kritik: Haushaltsausschuss stimmt für MSC-Deal
Eine Mammutsitzung von rund sechseinhalb Stunden - und am Ende grünes Licht für den Einstieg der weltgrößten Reederei MSC bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Der Haushaltsausschuss der Bürgerschaft hat am Donnerstag mehrheitlich für den Teilverkauf des Hafenbetreibers ausgesprochen, obwohl es zuvor bei einer öffentlichen Anhörung massive Kritik an dem Deal gab.
CDU, AfD und die Linke lehnten das Geschäft bei der Abstimmung ab. Auch Mathias Petersen von der SPD und Gudrun Schittek von den Grünen stimmten mit Nein. Die meisten Abgeordneten von SPD und Grünen sind allerdings dafür, dass MSC Anteile an der HHLA kaufen darf. Milan Pein, haushaltspolitischer Sprecher der SPD, sagte: "Wir sind davon überzeugt, dass mit diesem MSC-Deal die Arbeitsplätze sicherer werden und dass auch die entsprechenden Vorkehrungen getroffen sind." Wann nun abschließend die Bürgerschaft über den Hafendeal entscheidet, ist noch unklar - möglicherweise erst nach der Sommerpause.
Öffentliche Anhörung: Massive Kritik an Plänen
Sämtliche Bürgerinnen und Bürger, die sich bei der Anhörung zu Wort meldeten, übten Kritik an dem geplanten Deal. Viele von ihnen griffen Bürgermeister Peter Tschentscher, Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel (alle SPD) verbal direkt an und warfen ihnen Unfähigkeit vor. Für das Geschäft sprach sich keiner der mehr als 35 Rednerinnen und Redner aus. Unter ihnen waren viele Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter sowie Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften, Betriebsräten, Initiativen, Stadtteilorganisationen und Umweltverbänden.
Hafenarbeiter: "Führen Sie uns nicht in die Katastrophe"
Ein Hafenarbeiter sagte: "Ich stehe vor ihnen maximal frustriert." Wiederholt vorgetragene Argumente würden offensichtlich nicht gehört. Er habe vielmehr den Eindruck, es gehe hier mehr um das Schicksal der Politiker, die ihre Macht erhalten wollten, nicht aber um das der HHLA-Beschäftigten und der Bürger der Stadt. "Führen Sie uns nicht in die Katastrophe. Machen Sie nicht den schwersten Fehler in ihrer Karriere", warnte er. Häufig wurden auch Privatisierungen an sich kritisiert, so von Monika Koobs aus Wandsbek: "Für mich hat Gemeingut in Privathand nichts zu suchen - und der Hamburger Hafen gehört dazu. Das ist unser Hafen."
Senat will mithilfe von MSC Umschlag stabilisieren
Der rot-grüne Senat will die Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz in Genf bei der HHLA an Bord holen, um den Containerumschlag zu stabilisieren. Die Stadt und das der italienischen Reederfamilie Aponte gehörende Unternehmen sollen die HHLA künftig als Gemeinschaftsunternehmen führen, bei dem die Stadt eine Mehrheit von 50,1 Prozent hält. Bislang gehörten der Stadt rund 70 Prozent der börsennotierten HHLA. Im Gegenzug will die weltgrößte Reederei MSC ihre Deutschlandzentrale in Hamburg bauen, das Ladungsaufkommen im Hafen von 2025 an erhöhen und laut Drucksache bis 2031 auf eine Million Standardcontainer pro Jahr steigern. Zudem wollen MSC und die Stadt das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro erhöhen. 2023 sank der Umschlag von Seegütern im Hamburger Hafen im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent auf 114,3 Millionen Tonnen. Das ist der niedrigste Wert seit 2009.
HHLA-Betriebsrat: Geschäft strategisch fragwürdig
Der Vorsitzende des HHLA-Konzernbetriebsrats, Christian Baranowski, nannte das Geschäft strategisch fragwürdig und klagte, dass eine verbindliche Absicherung der Arbeitsplätze fehle und es auch keine langfristigen Standortgarantien gebe. "Wir, die Beschäftigten der HHLA, lehnen diesen Deal ab", betonte Baranowski. Ein langjähriger HHLA-Mitarbeiter erinnerte die SPD an ihre Haltung der vergangenen Jahrzehnte, wonach der Hafen mehr oder weniger als unantastbar galt. Statt sich mit MSC einzulassen, sollte eine Hafenkooperation angestrebt werden, forderte er.
Dressel und Leonhard verteidigen den Deal mit MSC
Finanzsenator Dressel wies die Vorwürfe zurück. Der Senat habe sich stets dem Dialog gestellt. Eine Alternative für das Geschäft gebe es jedoch nicht. Es seien mehrere Möglichkeiten geprüft und auch unterstützt worden. Letztlich sei aber nur MSC bereit gewesen, die wichtigen Themen wie Mitbestimmungsrechte und betriebsbedingte Kündigungen auch zu unterzeichnen. Ähnlich äußerte sich Wirtschaftssenatorin Leonhard, die erneut auch darauf hinwies, dass MSC keine exklusiven Umschlagrechte an den Terminals erhalte, sondern dass das Be- und Entladen der Schiffe aller Reedereien diskriminierungsfrei ablaufe.
Auch Experten skeptisch
Gegen das Geschäft gibt es seit Monaten erhebliche Proteste etwa unternehmensübergreifend von Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeitern, der HHLA-Belegschaft sowie den HHLA-Betriebsräten und der Gewerkschaft ver.di, die sich um Arbeitsplätze und Mitbestimmungsrechte sorgen. Aber auch etliche Sachverständige haben sich bei zwei Expertenanhörungen skeptisch gezeigt und warnten etwa vor einem Kontrollverlust der Stadt.