Stand: 17.03.2022 10:53 Uhr

Vater Eugen & Sohn Roger Cicero im Dokumentarfilm

von Sarah Seidel

Vater Eugen und Sohn Roger Cicero: Zwei Musiker, mit Leidenschaft dem Jazz verschrieben. Am 24. März, dem 6. Todestag von Roger Cicero, kommt die Dokumentation "Cicero - Zwei Leben, eine Bühne" ins Kino.

Eugen Cicero wurde Mitte der 1960er Jahre bekannt und verstand es, Jazzadaptionen klassischer Stücke populär zu machen. Roger Cicero wurde als Swing-Crooner mit deutschen Liedtexten gut vier Jahrzehnte später so erfolgreich, dass er große Konzerthallen füllte. Vater und Sohn sind beide viel zu früh gestorben. Am 24. März, dem 6. Todestag von Roger Cicero, startet der Dokufilm "Cicero - Zwei Leben, eine Bühne" in den deutschen Kinos.

Erster Dokumentarfilm der Spielfilmproduzentin Katharina Rinderle

Autorin und Produzentin Katharina Rinderle erzählt im Gespräch mit Sarah Seidel von der Entstehung des Films. Die Spielfilmproduzentin bringt damit ihren ersten Dokumentarfilm auf die Kinoleinwand, an dem sie gemeinsam mit Regisseur Kai Wessel und Editorin Tina Freitag gearbeitet hat.

Katharina Rinderle hat dafür nicht nur selbst gedreht, sondern ist auch tief in die Archive von Sendeanstalten und Fotosammlungen von Privatpersonen eingetaucht. Sie hat mit viel Ausdauer und Leidenschaft Material gesichtet und mit Menschen gesprochen, die beider Leben nun erzählerisch zusammenbringen.

Katharina Rinderle: "Mich hat dann sehr interessiert, wie die Wegstrecke von Eugen Ciceros Sohn aus eigentlich weitergeht. Wie es für einen Sohn ist, der auch genau dahin möchte, in diese Musikszene und zu diesem Erfolg, der dem aber vor allem auch künstlerisch was entgegenstellen möchte. Und das war bestimmt nicht einfach, seinen eigenen Weg zu finden. Aber er hat es geschafft, sich da durchzuboxen."

Die ersten Dreharbeiten zum Film begannen 2012 in der Hamburger Barcleys Arena, damals noch O2-Arena, bei einem Auftritt mit Roger Ciceros Big Band.

Katharina Rinderle: "Die Schwierigkeit konnte man natürlich damals noch nicht einsehen, dass das so eine tragische Wendung nehmen sollte. Dass Roger plötzlich verstirbt, vier Jahre später, quasi aus dem Nichts, als eigentlich die Hauptdreharbeiten beginnen sollten."

Vater und Sohn sind beide an einem Hirnschlag gestorben. Eugen Cicero 1997 im Alter von 57, Roger 2016 im Alter von nur 45 Jahren. Nach dessen Tod wollte Katharina Rinderle den Film nicht aufgeben. Sie entschied sich, die Geschichte der beiden von insgesamt 50 Freunden, Familienangehörigen und Mitmusikern erzählen zu lassen. Leichter gesagt als getan.

Katharina Rinderle: "Es war natürlich schon so, dass man sehr viele unterschiedliche Länder und Städte bereiste und sich für jeden Mitwirkenden in einem anderen Umfeld, einem anderen Setting befand. Man hatte hier in Angie's Nightclub in Hamburg Dreharbeiten, man war in Salzburg im Privathaus von Götz Teutsch, in Köln waren wir mit Jiggs Whigham in der Philharmonie, und in Berlin beim rbb, um Till Brönner aufzunehmen. So hatten wir quasi immer auch Orte ausgesucht, die auch inhaltlich entweder in einem engen Kontext standen auch zu Eugen oder zu Roger oder eben zu den Mitwirkenden."

Der Dokumentarfilm verwebt geschickt und gefühlvoll die beiden Leben von Vater und Sohn. Fließende Übergänge von einem zum anderen machen es dem Zuschauer leicht, am Geschehen dranzubleiben.

Roger Cicero sang Swing auf Deutsch und auf Englisch in der Sinatra-Tradition

Für Roger Cicero gab's die große Bühne, da war er der Crooner in Anzug mit Hut, der vor großem Publikum in Konzerthallen auftrat und sogar beim Eurovision Song Contest teilnahm. Auf der anderen Seite die Clubs, in denen er sich zuhause fühlte. Roger Cicero, der Swing auf Deutsch sang und auf Englisch ein Interpret in der Sinatra-Tradition war, sagte 2015: "Der Trick ist, dass es keine Rollen für mich sind. Also, das sind einfach alles schon immer Teile meines Schaffens gewesen. Und gerade dieses Englische hat mich ja fast mein ganzes Leben lang begleitet. Ja, den Großteil meines Sänger-Daseins habe ich der englischen Sprache gewidmet, und erst ab 2006 bin ich sozusagen zu Deutsch gewechselt. Das war die Umstellung für mich, damals. Jetzt wieder Englisch zu singen und mich in einem Jazzprogramm wirklich total in die Musik reinzugeben und an nichts anderes mehr zu denken als daran, ob das Feeling stimmt, ist für mich keine Rolle, sondern ein Ankommen, wieder ein Zurückkehren."

Katharina Rinderle: "Ich glaube, er hat beides sehr geliebt. Weil das einfach auch so unterschiedliche Ebenen waren, auf denen er tätig sein konnte. Die große Bühne, die riesen Hallen. Ein Wahnsinns-Publikum, frenetisch gefeiert. Und ein unfassbarer Big Band Sound. Diese ersten Jahre, diese Touren, was er für Hallen da gefüllt hat, das ist ja der Traum eigentlich von jedem Musiker. Und auch, wenn er im Herzen immer dieser Jazzmusiker war, so, wie es ja auch Eugen war, sein Vater, hat er trotzdem auch diesen Pop unglaublich geschätzt und geliebt."

Die Doku lässt Eugen und Roger Cicero auf der Leinwand lebendig werden

Wir sehen in der Doku viele Jazzmusiker aus dem norddeutschen Raum, wie Roger Ciceros Bandmitglieder Maik Schott, Hervé Jeanne und Matthias Meusel, den Pianisten und Arrangeur Lutz Krajenski, den Posaunisten und Arrangeur Uwe Granitza, Wolf Kerschek und viele andere. Und wir sehen Eugen Ciceros alte Weggefährten wie den Schweizer Schlagzeuger Charly Antolini und den inzwischen verstorbenen niederländischen Trompeter Ack van Rooyen.

Katharina Rinderle und ihr Team wollten beiden einen Raum und einen Rahmen geben für das, was sie wirklich geschaffen haben in ihrem Leben. Und das auf der Leinwand mit einem tollen Klangerlebnis verknüpfen, wo sie wirklich wieder lebendig werden.

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Omar Sosa blickt lachend in die Kamera. © Omar Sosa

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur – Jazz | 07.03.2022 | 22:33 Uhr

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