Im Einklang: Was macht guten Chorgesang aus?
In der Welt der Musik gibt es eine Kunstform, die seit Jahrhunderten Menschen zusammenbringt und Herzen berührt: der Chorgesang. Doch was macht guten Chorgesang aus? Mitglieder zweier Rundfunkchöre, ein Dirigent und eine Solistin geben Antworten.
"Im Berufschorgesang geht es sehr um Ensemblefähigkeit im klanglichen wie auch im menschlichen Sinn. Es geht darum, wie man sich stimmlich in das Ensemble einfügen kann, wie man aufeinander hört, wie man seine Stimme färbt, wie man einem gemeinsamen Groove folgt, sodass es überhaupt zu einer einzigartigen Chorklangmischung kommt," sagt Christina Landshamer, weltweit gefragte Konzert-, Opern- und Liedsängerin sowie Professorin für Gesang in Trossingen.
Kriterium fürs Singen im Chor: Teamfähigkeit
Es gehe um das Miteinandersingen, um Intonation, Atemdosierung und Klangproduktion - aber angepasst an das Gesamtgefüge, an die Harmonie und die Dynamik der Gruppe. "Kurzum: Es kommt im Chorgesang absolut auf Teamfähigkeit an", so Landshamer.
Haben alle die gleiche Vorstellung vom Stück?
"Es kommt darauf an, ob mehrere Sänger wirklich gemeinsam Musik machen: Atmet man gemeinsam ein? Sind die Konsonanten gemeinsam beendet oder beginnen sie gemeinsam? Haben alle die gleiche Vorstellung vom Stück? Ich finde, wenn das passiert, dann entsteht etwas Magisches. Dann entsteht aus mehreren Stimmen eine Einheit und das finde ich besonders berührend", erklärt Anna-Maria Torkel, Altistin beim NDR Vokalensemble.
Die Fehlerkultur leben
"Was beim Singen im Chor wesentlich ist, ist etwas, das auch unsere heutige Gesellschaft dringend braucht: eine Fehlerkultur", sagt Katharina Thimm, Altistin beim MDR Rundfunkchor. "Im Idealfall hebe ich die Hand, wenn ich einen falschen Ton gesungen habe, damit alle wissen, dass ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe. In der Musik ist es wie in der Gesellschaft: ein gemeinsames Ringen um den richtigen Ton, gemeinsam durch eine Dissonanz gehen - eine menschliche, wie auch eine musikalische, um zur Harmonie zu gelangen."
Inspiration und musikalisches Know-how
"Es braucht gute Ohren, ein feines Gehör bei allen Beteiligten. Es braucht Sängerinnen und Sänger, die mit ihrer Stimme möglichst souverän umgehen und damit alles machen können", berichtet Tilman Michael, aktuell noch Chorleiter der Oper Frankfurt. Er ist ab der kommenden Spielzeit Leiter des Chors der New Yorker Metropolitan Opera.
"Es braucht einen guten Chorleiter, der den Klang des Chors stetig weiterentwickelt und verfeinert und dabei selbst ein guter Musiker und möglichst ein sehr guter Dirigent ist. Dabei trifft bestenfalls musikalisches Wissen auf dirigieren können und auf soziale Kompetenz." Entscheidend für guten Chorgesang seien begeisterte Sängerinnen und Sänger und inspirierende Dirigenten. "Jeweils inspiriert zu sein aber auch die andern zu inspirieren, ist so wichtig, weil Chorgesang etwas Magisches ist und dafür braucht es die Komponente der Inspiration."
Egal ob Berufsensemble oder Laienchor: "Für gute Chormusik sind viele Faktoren wichtig, die aber sind auf jedem künstlerischen Niveau umsetzbar," sagt Anna-Maria Torkel. Wie die Sprache, in der gesungen wird, das Autoritätsverhältnis zwischen Dirigent und Chor und noch viele weitere Facetten den Chorgesang beeinflussen, hören Sie in der ganzen Chormusik-Sendung mit Eva Schramm.