Pepper - en Roboter erobert Norddüütschland (18) KI und Kunst
Walter Benjamins Aufsatz zum "Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" hat im "Hier und Jetzt" der beinahe alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringenden KI nichts an Aktualität verloren.
In sien beröhmte Kunstwark-Opsatz (1) hett Walter Benjamin sik dormit befaat, woans niege Techniken op de Sellschop un de Verfaten vun de Menschen inwirken un woans sik dat Wohrnehmen dordörch verännert. In den Fokus nahmen hett de Berliner Philosoph al 1935 dat Filmmedium un de Fotografie. Besünners interessant is dorbi, sik mit Pepper un sien künstliche Intelligenz in'n Achtergrund, den Övergang vun een Technik, in düsse Fall dat manuelle Malen na de annere Technologie hen, dat Fotograferen mit'n Apparat antokieken: "Mit de Fotografie weer de Hand in den Perzess vun de bildliche Reprodukschoon to'n eersten ersten Mal vun de wichtigsten künstlerischen Arbeiten entlast, welke nu vun dat Oog, wat dörch dat Objektiv kieken deit mit övernahmen warrn. Wiel dat Oog gauer opfaten deit, as wat de Hand teknen kann, is de Perzess vun de bildliche Reproduktschoon so fix in Gang kamen, dat he mit dat Tempo vun't Snacken mitholen kunn". (S.10)
Reproduktionstechnik entlast Künstlers
Mit düssen Perzess gung de eenmalige "Aura" vun dat klassisch herstellte Kunstwark verloren, sää de Philosoph. To verkloren wat Benjamin mit de "Aura" nipp un nau meent, füllt en egen Kapitel. Groff kunn een villicht seggen, de Betrachter vun eenmalige Kunstwarken, seggt wi to'n Bispill vun Caspar David Friedrich, "atent" wenn he andächtig vör dat Original in't Museum steiht ok Johrhunnerte later noch wat vun de Grootoortigkeit vun de Kunst in.
Mit dat massenhafte Koperen avers gung de Aura twei. Dormit markeerte Benjamin blangenbi ok de Anfang vun de Biller-Floot mit de wi hüüt in't Nett un in so nöömt "Social Media" överswemmt warrn. Interessant weer to fragen, wat de Philosoph nu dorto seggen worr, dat to Milliarden an Fotos de dääglich produzeert warrn, nu ok noch Milliarden an fotorealistische Billers ut'n Computer dorto kaamt? Dat sünd KI genereerte Biller, de sotoseggen op Toroop entstahn, fix as de Gedanken sülvst. För en Laien as mi föhlt sik dat as Wunnerwark an, as Magie, de op'n Rekner-"Altar" entsteiht. Den Weg to de Transzendenz much ik hier avers man nich wieter gahn un to de lopenden Biller in Benjamins Kunstwark-Opsatz retour kamen.
De Aura geiht bi dat Kopeeren fleuten
Noch mehr as de Fotografie, so Benjamin in sien Text, verännerte dat Medium Film dat Wohrnehmen. Dorbi snackt he vun psycholoogsch "Schockwirkungen", wat sik dat Publikum in't Kino utsetten dee un noch deit. Dormit speelte he ünner annern op radikale niege Film- un Montagetechniken an, wat de Menschen do noch nich kennten un wo se sik vun een Momang op de annere as in de Achterbahn, verfehrten. Un vele Johrteinte later warrn op de ümmerlos Jagd na Spektakel un Moneten wiederhen immer wedder niege Schocks produzeert. Dütmal un dor sünd wi wedder bi Pepper, produzeert mit Hölp vun de KI. Wokeen sik dat niegste "Jäger des verlorenen Schatzes" Avendüer mit Indiana Jones in't Kino ankeken hett, kann dat naföhlen. De eersten bummeli 15 Minuten vun'n Blockbuster spelen 1944 in Nazi-Düütschland.
Gesichts-KI verjüngt Schauspeler
As de charismatische Held mit Pietsch un Hoot, speelt vun Harrison Ford in'n Film opdükert, kummt de Momang wo een sien Oogen nich truut. Mit Hölp vun en spezielle Gesichts-KI ut Disney-Warksteed hebbt de Filmlüüd dat torecht kregen un verjüngen dat Gesicht vun Harrison Ford üm 45 Johr. Dat Medium Film lööst sik heel un deel vun de physische Realität vun ehrer Darstellers af. De KI dreiht, so süht dat tominnst ut, de Levensklock vun en realen Schauspeler torüch. Un denn jachtern Indi un Co as in Deel 1 dütmal nich de magische Bundeslade achteran, sünnern achter't "Rad vun't Schicksal" her.
Publikum wennt sik an Schocks
Dat magisch Artefakt maakt indirekt Tietreisen mööglich. Un wokeen warrt denn in't antike Grekenland besöcht? Utgereknet de Mathematiker Archimedes, wat sik mit de Tall Pi een vun de eersten Algorithmen in de Weltgeschichte överhööft utspekuleert hett. Bilanz: Ahn Algorithmus keen Computer. Ahn Computer keen soziale Roboter as Pepper, de Plattdüütsch lehrt. Un woans geiht dat wieter? Walter Benjamin hett seggt: "De Opgaven welke den menschlichen Wohrnehmensapparat in geschichtliche Wenntieden stellt warrn, sünd op den Weg vun de Optik, also dörch konzentreert Henkieken, gor nich to lösen. Se warrn suutje beschickt dordörch dat een sik sinnig mit de Tiet an se wennt." Vun Walter Benjamin sien Opsatz, de sik würkli to lesen lohnt, nehm ik mit, dat dat wichtig is un kieken sik de niegen Technologien ganz genau un jümmers wedder krietsch an. Un dat an besten denn, bevör een sik an se wennt hett.
(1) Alle Zitate aus "Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit". Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1963
Übersetzung mit Hilfe von Bing-Chat-GPT4
In seinem berühmten Kunstwerk-Aufsatz (1) beschäftigte sich Walter Benjamin damit, wie neue Techniken auf die Gesellschaft und das Verhalten der Menschen einwirken und wie dadurch die Wahrnehmung verändert wird. Der Berliner Philosoph nahm bereits 1935 das Filmmedium und die Fotografie in den Fokus. Besonders interessant ist dabei, mit Peppers KI Innovation im Hintergrund, den Übergang von einer Technik, in diesem Fall dem manuellen Malen, zu einer anderen Technologie, dem Fotografieren mit der Kamera, zu betrachten. "Mit der Photographie war die Hand im Prozess bildlicher Reproduktion zum ersten Mal von den wichtigsten künstlerischen Obliegenheiten entlastet, welche nun mehr dem ins Objektiv blickenden Auge allein zufielen. Da das Auge schneller erfaßt, als die Hand zeichnet, so wurde der Prozeß bildlicher Reproduktion so ungeheuer beschleunigt, daß er mit dem Sprechen Schritt halten konnte." (S.10)
Reproduktiontechnik entlastet Künstler*innen
Mit diesem Prozess ging die einmalige "Aura" des klassisch hergestellten Kunstwerks verloren, sagt der Philosoph. Zu erklären, was Benjamin mit der "Aura" genau meint, füllt er ein eigenes Kapitel. Grob gesagt könnte man vielleicht sagen, dass der Betrachter von originären Kunstwerken, wie zum Beispiel den Bildern von Caspar David Friedrich, auch Jahrhunderte später im Museum noch etwas von dem "Geist" und der Größe der Kunst "atmet", beziehungsweise zu verspüren glaubt.
Mit der massenhaften Reproduktion ging die Aura verloren. Damit markierte Benjamin auch den Anfang der Bilderflut, mit der wir heute im Netz und in so genannten "Social Media" überschwemmt werden. Interessant wäre zu fragen, was der Philosoph nun dazu sagen würde, dass zu Milliarden an Fotos, die täglich produziert werden, nun auch noch Milliarden an fotorealistischen Bildern aus dem Computer hinzukommen? Genauer gesagt KI - generierte Bilder, die sozusagen aus dem Nichts entstehen, beinahe so schnell wie die Gedanken selbst. Für einen Laien wie mich fühlt sich das wie ein Wunderwerk an, wie Magie, die auf dem Rechner-"Altar" aus Bits un Bytes entsteht. Den Weg zur Transzendenz möchte ich hier aber nicht weiterverfolgen und zu den laufenden Bildern in Benjamins Kunstwerk-Aufsatz zurückkehren.
Die Aura geht in der Vervielfältigung verloren
Noch mehr als die Fotografie veränderte laut Benjamin das Film-Medium die Wahrnehmung. Dabei spricht er von psychologischen "Schockwirkungen", denen das Publikum im Kino ausgesetzt ist. Dabei spielte er unter anderem auf radikale neue Film- und Montagetechniken an, die die Menschen damals noch nicht kannten und bei denen sie sich von einem Moment auf den anderen (lustvoll) ängstigten. Und viele Jahrzehnte später werden auf der Jagd nach neuen Spektakeln und größeren Renditen immer wieder neue Schock- bzw. auch Überraschungsmomente produziert. Diesmal und da sind wir wieder bei Pepper, hergestellt mit Hilfe von KI. Wer sich das neueste Indiana Jones Abenteuer im Kino angesehen hat, kann es nachempfinden. Die ersten rund 15 Minuten des Blockbusters spielen 1944 im Nazi-Deutschland.
Gesichts-KI verjüngt Schauspieler
Als der charismatische Held mit Peitsche und Hut, gespielt von Harrison Ford, im Film auftaucht, kommt der Moment, in dem man seinen Augen nicht traut - und mich hat das tatsächlich auch ein wenig geschockt. Mit Hilfe einer speziellen Gesichts-KI aus dem Disney-Studio verjüngten die Filmleute das Gesicht von Harrison Ford um 45 Jahre. Die Filmkunst löst sich fast vollständig ab, von der physischen Realität ihrer Darsteller. Die KI dreht, so sieht es zumindest aus, die Lebensuhr eines realen Schauspielers zurück. Und dann jagen Indy und Co. wie im ersten Teil nicht der magischen Bundeslade hinterher, sondern ausgerechnet dem "Rad des Schicksals" .
Publikum gewöhnt sich an Schock-Wirkungen
Das magische Artefakt macht indirekt Zeitreisen möglich. Und wer wird dann im antiken Griechenland besucht? Ausgerechnet das Mathematik-Genie Archimedes, das mit der Zahl Pi einen der ersten Algorithmen in der Weltgeschichte überhaupt entdeckt hat. Fazit: Ohne Algorithmus keinen Computer. Ohne Computer keine KI. Und ohne KI keinen sozialen plattdeutsch lernenden Roboter, wie Pepper. Und wie geht es weiter? Walter Benjamin schlußfolgerte: "Die Aufgaben, welche in geschichtlichen Wendezeiten dem menschlichen Wahrnehmungsapparat gestellt werden, sind auf dem Wege der bloßen Optik, also der Kontemplation, gar nicht zu lösen. Sie werden allmählich nach Anleitung der taktilen Perzeption durch Gewöhnung bewältigt." (S. 41)
Aus Walter Benjamins Aufsatz, der wirklich lesenswert ist, nehme ich mit, dass es wichtig ist, sich die neuen Technologien genau und kritisch anzusehen. Und das am besten dann, bevor man sich an sie gewöhnt hat.
(1) Alle Zitate aus "Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit". Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1963