Vom Zaubertrank zum Wunnersluck: Asterix snackt wieder Platt

Stand: 08.10.2024 14:48 Uhr

Asterix und Obelix auf Platt - ein alter Hut? Ganz im Gegenteil beim Teutates! Denn dahinter verbirgt sich eine erstaunliche Geschichte. Und die kennen nur wenige.

von Lornz Lorenzen

Tatsächlich erscheint rund um den 65. Geburtstag der beiden gallischen Helden die sechste niederdeutsche Ausgabe. Ausgerechnet ein Schwabe ist der Wegbereiter dafür, denn ohne den Übersetzer Klaus Mühlsteffen würde Asterix weder schwäbeln, schnacken noch bayerisch reden.

Die Spur führt nach Tübingen

Ausschnitt aus Asterix und Obelix Heft auf Schwäbisch. © Egmont Ehapa Media GmbH Foto: Anja Adam
Der Schwabe verleiht dem Zaubertrank die Kraft des Donnerschlags, der Plattdeutsche sieht hier eine "Dusenddüvelsknööv" werkeln, also eine Tausendteufelskraft. Wie auch immer, am Ende werden die Römer verdroschen.

Genau dort überlegte sich der damalige Student Mühlsteffen bereits im Jahr 1995, wie er einem Kommilitonen aus dem hohen Norden, genauer gesagt aus Eckernförde, auf unterhaltsame Weise Schwäbisch beibringen könnte. Da kam der findige Schwabe auf die Idee ein Asterix-Heft als unterhaltsames "Lehrbuch" zur Hilfe zu nehmen, wo er seine Mundartvokabeln und Redewendungen wie in einer Art Trojanischem Pferd einschmuggeln konnte. Die Übersetzung traf einen Nerv, vor allem wohl die Lachmuskeln und sprach sich im Freundeskreis schnell herum. Schließlich bot er seine Übersetzung dem Ehapa Verlag an. Es war der Grundstein dafür, dass auch kleinere Sprachgruppen sich im Comic wiederfinden.

Seit dem ersten Auftritt der beiden unbeugsamen Gallier im Jahr 1959 in Frankreich sind weltweit an die 400 Millionen Alben in 117 Sprachen und Dialekten verkauft worden und mehr als 80 Mundartbände erschienen. Und auf die schwäbische Ausgabe, folgte im Jahr 1996 sogleich die Niederdeutsche mit "De Törn för nix" (Die Odyssee). So sei er, schreibt Klaus Mühlsteffen, damals zur Buchpräsentation in Hamburg mit dabei gewesen und habe sich lebhaft mit den plattdeutsch sprechenden Kollegen ausgetauscht.

Beim Übersetzen den richtigen Esprit treffen

Dabei galt für die Übersetzungen vor allem in den ersten Jahren, so der Schwabe, dass sie sehr nah am "Esprit der französischen Urfassung" bleiben sollten. Künstlerisch-kreative "Abweichungen seien unerwünscht" gewesen, erläutert Mühlsteffen, weil die Autoren Goscinny und Uderzo mit der ersten deutschen Version im Kauka-Verlag diesbezüglich "schlechte Erfahrungen" gemacht hätten und daher jede Übersetzung eingehend begutachten ließen. In späteren Jahren seien die Übersetzungsspielräume grösser geworden und auch Klaus Mühlsteffen selbst genoss mehr Freiheiten, berichtet er.

Mundarten spielen ihren Trumpf in der wörtlichen Rede aus

Und da in Comics die wörtliche Rede vorherrsche, zeigten sich Kraft und Stärke von Mundart und Regionalsprache genau hier, in den Sprechblasen:

"..die Protagonisten können reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Man kann lokale Redewendungen, Geschehnisse und Eigenheiten einfließen lassen. Im ersten schwäbischen Band habe ich über 30 schwäbische Schimpfwörter verwendet, was sehr gut ankam." Klaus Mühlsteffen

Dass den Asterix-Heften dann eine sprach- und kulturpolitische Bedeutung zugesprochen wurde, liegt da nicht fern. So lobte nicht zuletzt der Verein für deutsche Sprache VDS unlängst das Engagement des Egmont Ehapa Verlags in diesem Bereich:

"Zweifellos tragen die Asterix-Bände in Mundart nicht nur zum Erhalt deutscher Dialekte - und der Identifikation mit diesen - bei, sondern sie mehren auch das Wissen über deutsche Mundarten." VDS Sprachnachrichten 1/2024

Ob Mundart oder Regionalsprache, alle profitieren vom Zaubertrank, der den Schwächeren zum Sieg über die Mehrheit verhilft und der im Plattdeutschen kongenial als "Wunnersluck" verabreicht wird. Nu geiht dat op Plattdüütsch wieter!

Wunnersluck un Dusenddüvelsknööv

As Plattschnacker föhl ik mi wertschätzt, wenn ik grote (Comic-)Literatur in mien Heimatspraak to leesen krigg. Nu liggt, rund üm den 65. Bortstdag vun de eerste Utgaav, de altohopen 6. Mundartsprakenband op Plattdüütsch vör. Un mehr as dat: To'n Jubiläum hett de Egmont Ehapa Verlag de Geschicht, mit de weltwiet allens sien Anfang nahmen hett, glieks in söss Spraken un Dialekte översett, dorünner Schwäbisch "Dr Römerschreck", Müchnerisch "Oana vo uns" un sogor Schwyzerdüütsch "De Aargallie". Wi kummt je all vun jichenswo her un sünd, wat wi dat wullen oder nich, in den "Sound" vun uns Region indükert worrn, so ähnli as 0belix, de al as lütte Buttjer in'n groten Putt mit Wunnersluck fullen is.

Zusätzliche Weltinterpretation

Un so as de Wunnersluck Extra-Knööv verlehnt, kriggt de Leser mit de Regionalspraken-Utgaven en tosätzlich Welt(interpretatschoon) mitlevert. Al bi de eerste Mundart-Utgaav vör bummeli 30 Johrn, weer dor en Meister in't Översetten mit an Bord: "Plattdüütschpapst" Peter Nissen. Eener de al siet Johrteinten de plattdüütsche Sprakenwelt beriekert un de neven Comics, Norichten un Theaterstücken ok al fiensinnig Literatur as Dylan Thomas' "Ünner den Melkwoold" plattmakt hett. So kunn he, mit sien Kolleeg Reinhard Goltz, bi düsse nee'e Översetten natürli ersmal op den egens utspekelerten Fundus vun Wöör un Begrepen torüch griepen, vertellt de Översetter.

"De sünd mall, de Römers!"

So warrt ok in de sösste Utgaav de "Zaubertrank", as in de vörherigen Utgaven mit "Wunnersluck" översett. Ok blifft dat bi den ikoonschen Utroop "De sünd mall, de Römers!" för, "Die spinnen, die Römer!". Man üm de kreative Arbeit vun de Översetters an Bispelen dütlich to maken, müss een noch beten mehr in't Detail gahn. So wiest Peter Nissen op Siet 13 op en besünnere Szene hen: Obelix nimmt en fungen Gallier de Keden af. De fraagt, mit wat för en Warktüüch. Op Hoochdüütsch antert Obelix: "Hihi! Selbst ist der Mann!" Op Platt bruukt he en gängigen Snack: "Hihi! Nich lang snacken..."

Nich lang snacken, Kopp in'n Nacken

"De dat kennen deit", seggt Peter Nissen, "de denkt denn glieks wieter an "Kopp in'n Nacken". Un de dat nich kennen deit, de fehlt liekers nix." Noch en Bispill: As Miraculix en ne'en Wunnersluck tohoopröhrt, nöömt he dat op Hoochdüütsch eenfach "Süppchen". Op Platt warrt dor "frische Supp" ut. Un as de Römers de Wunnersluck kredenzt warrt, röppt Asterix op Hoochdüütsch "Suppe fassen!", op Platt eenfach blots "Middag!".

Klümp anstelle von Croutons

As Asterix sülvst de Supp proberen deit, fehlt em dor op Hoochdüütsch de "Croutons" binnen, op Platt de "Klümp". Översett warrn sogor de Comic-egen Geräuschwörter. Op Hochdüütsch höört een bi en Haueree: "Paff! Knuff! Tschock!" Op Platt hett Peter Nissen sik wat anneres överleggt:

"Hau! Mi! Blau! Dat is för all de Lüüd, de as Kinner mal losschickt worrn sünd: "Loop mal na’n Koopmann un haal för en Grüschen Haumiblau!"."

De nu vörliggend sösste plattdüütsche Asterix und Obelix Utgaav "Asterix de Gallier" is en grote Sposs, de een sik geern ankieken un dörchlesen deit. De Vertellen is twars bekannt, de Römers versökt en Spion in't Dörp intoschlüüsen, de dat Rezept vun'n Wunnersluck klauen schall, man dat navulltrecken vun de Översetter-Kunst jüst in de Details un ok op schwäbisch, mutt ik seggen, makt veel Pläseer.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Schleswig-Holstein Magazin | 08.10.2024 | 19:30 Uhr

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Plattdeutsch

Comic

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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