Tragen sich "Zahl was Du kannst"-Konzerte?
Das Jahresende ist die Zeit des Kassensturzes und der Planung fürs kommende Jahr, auch für Musikerinnen und Musiker. Welche Konzerte liefen gut, welche nicht? Ein Blick auf Norddeutschland.
Bei einer Probe des Flex Ensembles für ein Konzert mit neu komponierter Musik steht neben den Instrumentenkoffern an der Seite eine weiße Pappbox mit kleinen, roten Umschlägen. Hier hinein kann das Publikum beim Konzert den Eintrittspreis seiner Wahl stecken. Mit dem Format "Zahl was Du kannst" hat das Klavierquartett gute Erfahrungen gemacht, findet Pianist Johannes Nies: "Ich würde schon sagen, dass es vereinfacht, ein Publikum anzusprechen und es dann auch ins Konzert zu bekommen - Menschen, die vielleicht sonst eben nicht kommen würden. Die dann auch sagen, wir hören uns das an. Man ist halt nicht im Vorfeld gezwungen, einen bestimmten Betrag zu bezahlen."
Neue Besuchergruppen anzusprechen, ist auch das Ziel der Catoire Musikinitiative aus Hamburg. Sie besteht aus einem guten Dutzend Privatpersonen, die Kammer- und Klaviermusik aus Nordosteuropa präsentieren. An der Musikschule Lüneburg haben sie im Herbst eine Konzertreihe mit Bezahlung per Spende nach dem Konzert gestartet. So könnten alle, unabhängig vom Einkommen, dabei sein, sagt Mitorganisator Gebhardt Dietsch. Bei den ersten Konzerten habe das gut funktioniert, allerdings gibt es auch einen Haken. "Der einzige Nachteil besteht darin, dass kein Vorverkauf stattfindet und die Vorverkaufskassen dann auch entsprechend keine Werbung dafür machen", meint Dietsch. "Aber ansonsten sehe ich eigentlich keine Nachteile, denn ich kann nicht sagen, dass ich unzufrieden bin über die Spendeneinnahmen."
Von Spenden zu Festpreisen
Im Lied "Würd's wieder genau so tun" des Singer-Songwriters ÖXL aus Schwerin geht es um etwas anderes als die Straßenmusik, mit der der 27-Jährige einst begann. Deshalb entschied sich der Musiker vor fünf Jahren auch, sein erstes professionelles Konzert, für das ihn die Hansestadt 2019 angefragt hatte, in einer Kirche mit freiwilligen Spenden zu finanzieren. Ein Plan, der aufging, sagt ÖXL: "Die meisten Künstler sind ja keine Business-Leute, und das ist nicht so einfach, sich selbst einen Wert zuzuschreiben, gerade bei den ersten Konzerten, wie hoch der Ticketpreis sein sollte. Die Kirche war ausverkauft, es waren 700 Leute da und wir haben durchschnittlich knapp 20 Euro Ticketpreis bekommen."
Inzwischen sind seine Produktionen größer geworden, die Rechnungen ebenfalls und als Musikakteur brauche er inzwischen die Sicherheit, dass er am Ende alles bezahlen kann, sagt ÖXL. Deshalb setzt der Schweriner heute nicht mehr auf Freiwilligenpreise bei den Eintrittskarten. Das Flex Ensemble aber führt dieses Konzept fort, neben Konzerten mit festen Preisen. Würde sich das auch nicht ändern, wenn die Stadtverwaltung Hannovers in Zeiten klammer Kassen die Förderung reduzieren würde? Dann gäbe es einen neuen Weg, sagt Bratschistin Anna Szulc: "Wir werden das weitermachen. Ich weiß noch nicht wie. Wenn wir weniger Geld kriegen, dann finden wir wahrscheinlich andere Lösungen - selbst wenn wir es kleiner machen. Aber wir würden weitermachen."