Krass, laut und punkig: Pussy Riot in Hamburger Fabrik
Das feministische Punk-Performance-Kollektiv Pussy Riot ist seit 2012 ein Synonym für unerschrockenen, mutigen Widerstand mit den Mitteln der Kunst. Sie präsentierten am Freitag ihre "Riot Days Tour" als Multimediashow in Hamburg.
Die Spannung im Raum ist enorm, in den ersten Reihen der gut gefüllten Fabrik stehen nur Frauen, ansonsten ein extrem gemischtes Publikum quer über gut drei Generationen. Eine Geigerin im silbernen Glitzeroutfit schickt melancholisch schöne Töne durch ihr Echogerät. Die zweite Musikerin geht zu ihrem Computer und startet eine Kirchenglocke. Dann auf einmal sind alle auf der Bühne und vorbei ist es mit der betulichen Atmosphäre. Was hier losbricht, ist eine Multimedia Show, die einem den Atem verschlägt. "Riot Days", das Buch von Gründungsmitglied Maria Aljochina, erzählt die Pussy-Riot-Geschichte, ihre Aktionen, ihre Inhaftierung, die Hungerstreiks. All das bringt die Performance mit Film, Schrift, Musik und Theater auf die Bühne.
Punk-Gebet in Moskauer Kirche machte sie zu Stars
Ein Punk-Gebet in der Moskauer Christ-Erlöser Kathedrale machte die drei Frauen, die die Aktion hauptsächlich durchführten, 2012 zu internationalen Stars, zumindest im Westen. In ihrer Heimat verurteilte man sie zu zwei Jahren Straflager. Mehr als einmal wehrten sie sich mit Hungerstreiks. Nach ihrer Freilassung machten sie mit ihren Aktionen weiter, etwa bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018. Als der Krieg letztes Jahr begann, stand Marija Aljochina, eine der drei verurteilten Frauen, gerade wieder mal unter Hausarrest. Ihr gelang eine spektakuläre Flucht als verkleidete Lieferdienst-Kurierin.
In der Show ist man an der Planung der Kirchenaktion direkt beteiligt, wird eingeweiht in die Vorsichtsmaßnahmen in der Illegalität. Die Besucher erfahren, wie es gelingt, unbemerkt eine E-Gitarre mit Verstärker in die Kirche zu schleusen. Auch erfährt man eine Menge über die russischen Verhältnisse der letzten 30 Jahre. Direkt vor dem Konzert gab es ein paar einführende Worte von dem Produzenten der Show, Alexander Cheparukhin. Er beschrieb, wie die durchaus vorhandene künstlerische Freiheit der postsowjetischen Zeit durch immer größere Repression ersetzt wurde.
Nach der Verurteilung wurde alles schlimmer
Der Wendepunkt war tatsächlich die Verurteilung von Pussy Riot. Danach wurde alles immer schlimmer. Pussy Riot wollen nicht unterhalten. Sie wollen ihr Publikum mitnehmen - in den Gerichtssaal oder ins Arbeitslager. Markantester und auch mutigster Moment der Show: Das Publikum bekommt eine Dusche aus diversen Wasserflaschen. Mit mindestens vier Litern Wasser übergießt sich Marjia Aljochina auf der Bühne, während hinter ihr eine der Frauen auf ein großes Portrait von Putin uriniert. Nach eineinhalb Stunden stehen Pussy Riot mit einer Flagge der Ukraine auf der Bühne und das Publikum ist begeistert. "Die Zukunft ist in unseren Händen und in euren Händen!", sagt Marija Aljochina.