Father John Misty: Mitreißendes neues Album "Mahāśmaśāna"
Musikalisch schöpft der US-Amerikaner in seinem siebten Studioalbum "Mahāśmaśāna" aus den Vollen des American Songbook - und die Zeit vergeht dabei im Flug.
Ein in Schwarz gekleideter Prediger, den etwas Unheimliches, Geheimnisvolles umgibt, so etwas kommt einem bei dem Namen Father John Misty in den Sinn. Vielleicht wollte Singer-Songwriter Joshua Tillman Assoziationen dieser Art erwecken, jedenfalls ist er unter dem Namen Father John Misty seit nunmehr zwölf Jahren äußerst erfolgreich.
Father John Misty: Euphorie ab der ersten Sekunde
Sein neuestes Album trägt den Titel Mahāśmaśāna und erzählt fantasievolle, teils absurde Geschichten in aufwendig produzierten Songs, von denen manche an die zehn Minuten dauern. Das Ganze ist aber an keiner Stelle langatmig.
Euphorie von der ersten Sekunde an - Father John Misty hat es drauf, einen mitzureißen. In Track eins des Albums, dem Titelsong, wechseln sich neun Minuten lang die leiser gehaltenen Strophen mit dem immer wiederkehrenden Anfangsmotiv ab und die Zeit vergeht dabei im Flug. Das klingt wie eine großorchestrierte Feier des Lebens.
Mahāśmaśāna: Große Grabstätte des Universums
Was bedeutet Mahāśmaśāna? "Mir ist das Wort begegnet in einer Erzählung von Bruce Wagner mit dem Titel 'Memorial'", sagt der Sänger. "Darin beschreibt er Mahāśmaśāna als die große Grabstätte des Universums. Bezogen auf das eigene Altern und auf das am Horizont erscheinende Ende von Josh Tilman, ist das Album der Versuch mich damit anzufreunden. Zur Krise wird es nur, wenn man dagegen ankämpft."
Von einer anderen Seite zeigt sich der Musiker in "Josh Tilman & The Accidental Dose". Zu einer lässigen Akkordfolge mit blues-artigen Piano und Gitarrenfills erzählt er von den Erlebnissen auf einem versehentlichen LSD-Trip, der damit losgeht, dass die Clownsporträts, die an der Wand hängen, auf ihn einreden. Die immer bizarrer werdenden Figuren und Situationen werden von unverhofften Streicherattacken zwischen den Gesangszeilen illustriert.
Dass er für den Song seinen richtigen Namen gewählt hat, legt die Vermutung nahe, dass es sich um eine wahre Begebenheit handelt. "Solche Songs, in denen der Charakter Josh Tillman sich in fürchterlich demütigenden Situationen wiederfindet, machen mir am meisten Spaß. Wenn so etwas einmal zu einem Song oder einer Geschichte geworden ist, ist es so abstrakt, dass es nichts mehr mit Dir zu tun hat."
"Die Hoffnung stirbt zuletzt, sagt der Optimist" - die erste Zeile von "Screamland" - ein Song wie ein dystopisches Drama, mit dem Schauplatz eines Amerikas, in dem nicht viel bleibt, als gemeinsam abzuwarten. Gelegentlich geht jemand vor die Tür und schreit seine Verzweiflung heraus. Die Bilder in Father John Mistys Texten haben eine starke emotionale Wucht, gerade weil es immer eine zweite Ebene gibt, in der sich manchmal unverhoffte Möglichkeiten auftun.
Musikalisch schöpft er aus den Vollen des American Songbook, mal als Crooner mit großem Orchester hinter sich, mal als Beat Poet in der Tradition eines Jack Kerouac, zu geschmeidigem Disco-Soul wie bei "I Guess Time Just Makes Fools Of Us All" mit seinen neun Strophen. Aber wie schon gesagt, die Zeit vergeht dabei im Flug.
Mahāśmaśāna
- Label:
- Eigenverlag
- Veröffentlichungsdatum:
- 29.11.2024