Discos rechnen sich nicht mehr: "Bootshaus" in Flensburg schließt
Seit dem Ausbruch von Corona gibt es in Deutschland deutlich weniger Bars und Discotheken - etwa ein Drittel weniger als vorher. In Flensburg macht in dieser Woche mit dem "Bootshaus" schon die zweite Disco innerhalb von zwei Monaten dicht.
"Wo war ich in der Nacht von Freitag auf Montag. War ich wirklich drei Tage wach? Oder einfach im Koma?", so klang das noch vor einiger Zeit im Flensburger Bootshaus. "Mallorca-Eskalation" lautete das Party-Motto damals. Jetzt hat es sich aus-eskaliert: Am Sonnabend, 19. August, öffnet das Bootshaus an der Flensburger Förde zum letzten Mal.
Das kommt wenig überraschend. Zumindest dann, wenn man sich hier an der Förde unter jungen Menschen umhört, wie sie denn die gerade besungenen Nächte zwischen Freitag und Montag verbringen. "Ich gehe momentan gar nicht mehr so viel Feiern. Es ist überall irgendwie teuer geworden. In der Disco ist es mir eh immer viel zu laut. Ich feiere eher privat, mit Freunden", sagt eine junge Frau. Eine andere geht schon noch in Clubs feiern, aber: "Wenn ich wirklich feiern gehen will, fahre ich oft nach Hamburg. Da gibt es dann mehr Möglichkeiten und auch andere Musikrichtungen, nicht nur Charts und Mainstream."
Discos rechnen sich nicht mehr
Das Bootshaus in Flensburg ist nichts Extravagantes, eher etwas für jedermann mit Ballermann-Partys und 80er- und 90er-Jahre-Aktionen. Noch, denn am Sonnabend ist ja Schluss. Erst im Juni hatte die benachbarte Disco Max aufgegeben, weil die Gäste immer weniger wurden. Für Bootshaus-Betreiber Christos Bougiouklis rechnet sich der Disco-Betrieb nicht mehr. "Die Gründe sind am Ende finanzielle. Wo man einfach auch ein Auge haben muss, ob sich das alles hier noch lohnt, oder es am Ende Liebhaberei ist", sagt er.
Viele Alternativen - auch bei schlechtem Wetter
Ein wechselhaftes Wetter wie in den vergangenen Wochen sorgt eigentlich für mehr Gäste in den Discos. Aber auch da seien deutlich weniger Partygäste als erwartet ins Boothaus gekommen. Häufig sei das Bootshaus in den vergangenen Monaten nur zu rund 60 Prozent gefüllt gewesen, sagt Bougioklis.
Seit acht Jahren betreibt er die Disco für bis zu 200 Partygäste nebenberuflich, als "Herzensprojekt", wie er sagt. Dass es jetzt vorbei ist, kommt für den 37-Jährigen nicht überraschend: "Ich denke, dass da nicht nur Flensburg von betroffen ist, sondern dass das auf jeden Fall deutschlandweit so ist, dass die Menschen viele Alternativen und Unterhaltungsmöglichgleichkeiten während der Pandemie gefunden haben."
Illegale Studentenpartys machen das Geschäft kaputt
Hinter vorgehaltener Hand sprechen Flensburger Disco-Betreiber auch von illegalen, kommerziellen Studentenpartys in großen WGs - mit teilweise mehr als 100 Gästen und einer Kasse am Einlass. Das mache das Geschäft kaputt und die Behörden würden zu wenig dagegen tun. Und: Discotheken passen eben nicht mehr so recht in den Zeitgeist einer hoch-individualisierten Gesellschaft, das meint auch Christos Bougioklis. Vermissen würde man sie wohl erst, wenn sie ein paar Jahre weg sind.