Der Ärzte-Drummer, Autor und Schauspieler Bela B ist 60
Bela B ist der Schlagzeuger von Die Ärzte, der selbst ernannten "besten Band der Welt". Als einer von sehr wenigen spielt Bela sein Instrument im Stehen - doch nicht nur damit hat er deutsche Musikgeschichte geschrieben.
Geboren wird Bela B als Dirk Albert Felsenheimer am 14. Dezember 1962 in Berlin-Spandau. Als Scheidungskind verbringt er seine Ferien auch mal in Köln, entwickelt dazu über die Jahre eine innige Leidenschaft für Comics, Horror und Rock’n’Roll. Dass er in letzterem vor allem als Schlagzeuger bekannt werden wird, liegt an einem Kumpel seiner Zwillingsschwester: In dessen Probekeller hat Klein-Dirk erste Berührungspunkte mit seinem späteren Arbeitsgerät.
Bela B und das Schlagzeug: Liebe auf den ersten Blick
Es scheint Liebe auf den ersten Blick zu sein. Kurioserweise wird Bela B später einer der wenigen Drummer der Welt sein, der sein Instrument im Stehen spielt. Das hat er sich wiederum beim Stray Cats-Schlagzeuger Jim Slim Phantom abgeschaut hat, wie Bela B gesteht - denn da war ja noch seine Entdeckung des Punkrock.
Bela Bs Weg zu den ersten Bands
In eben jenes Genre wird er sich bei einer Reise nach London endgültig verlieben. Nach dem Realschulabschluss beginnt Bela B kurz eine Ausbildung zum Polizisten, bricht diese aber ab, wie auch eine Lehre zum Kaufhausdekorateur. Grund für die kurzen Berufseinblicke ist unter anderem seine Erscheinung: Mit seinen mittlerweile gefärbten Haaren lässt man ihn dann doch in einem Damenbekleidungsgeschäft jobben, beim Nebenjob im Supermarkt identifiziert man ihn im Kiez als Punker.
Gleichgesinnte kommen mit ihm ins Gespräch, man macht Musik und gründet Bands wie Soilent Grün. Da dem ursprünglichen Bandgitarristen das Instrument gestohlen wird, rückt ein gewisser Jan Vetter alias Farin Urlaub nach. Apropos Künstlernamen: Bela B entsteht einerseits aus der innigen Liebe für Horror (siehe Dracula-Darsteller Bela Lugosi), andererseits durch die Abkürzung für "Barney" (Felsenheimers Spitzname aufgrund der Nähe zu "Geröllheimer" aus der Familie Feuerstein).
Die Ärzte schreibt deutsche Musikgeschichte
Mit der Anschlussband Die Ärzte werden Bela B und Farin Urlaub ab 1982 deutsche Musikgeschichte schreiben: Zunächst wird mit dem Bassisten Hans "Sahnie" Runge, später mit Hagen "The Incredible Hagen" Friedrich Liebing eine Punkband geboren, die anders als die ihrer Genrekollegen ist.
Im Vergleich zu denen schimpfen die Ärzte nicht auf den Staat, sondern füllen ihre Texte mit Humor, Spaß, Klamauk und einer große Portion Selbstironie - und sind so dem als kommerziell verschrienen Pop deutlich näher. Bei Konzerten werden vor allem die Gespräche und Sticheleien der beiden Sänger Farin und Bela bei den Fans legendär, die nach und nach immer zahlreicher werden.
Trennung und Reunion von Die Ärzte
Trotzdem ist nach einem Konzert am 9. Juli 1988 in Westerland vorerst Schluss mit den Ärzten. Alle Bandmitglieder widmen sich Soloprojekten, die allesamt eher unter dem Erfolgsradar laufen. Immerhin trifft Bela B so auf Rodrigo "Rod" González. Da sich die alten Ärzte-Platten jetzt besser verkaufen als ihre neuen Sachen, kommt es 1993 zur Reunion. Rod wird als Bassist verpflichtet - und die Musikgeschichte wird weiter geschrieben.
Mit dem Album "Bestie in Menschengestalt" kehren die Ärzte eindrucksvoll zurück, mit "Schrei nach Liebe" positioniert sich die Band zum ersten Mal musikalisch öffentlich politisch: Der Text, geschrieben von Bela und Farin, trifft leider den Zeitgeist, das Entsetzen über rechtsradikale Übergriffe auf Ausländer beispielsweise bei den Mordanschlägen von Mölln oder Solingen. Seitdem ist "Schrei nach Liebe" wohl die Hymne gegen Rechts.
Goldene Zeiten für Die Ärzte und weitere Solo-Projekte
Für Die Ärzte brechen sehr erfolgreiche Zeiten an: Ende der 1990er-Jahre hat man mit "Ein Schwein namens Männer" sogar einen Nummer 1-Hit, von dem sie irgendwann sogar selbst genervt sind. Der Song läuft am Ballermann und beim Oktoberfest - das ist selbst den Ärzten zu kommerziell. Die Tourneen und Alben verkaufen sich bestens, seit 1998 schafft es jede ihrer Platten auf Platz 1 der Album-Charts.
Zwischendurch toben sich die Bandmitglieder auch anderweitig aus, doch interessanterweise veröffentlicht Bela B erst 2006 mit "Bingo" sein erstes richtiges Soloalbum. Vier hat er bis heute herausgebracht.
Bela B: Musiker, Verleger, Sprecher, Autor und Schauspieler
Doch der Schlagzeuger ist auch sonst sehr umtriebig - zum Beispiel mit seiner Comic-Leidenschaft: Der Horrorcomicverlag EEE ("Extrem Erfolgreich Enterprises") hält zwar nicht unbedingt das Versprechen seines Namens, dafür spricht Bela aber immer öfter in Hörspielen und -büchern. 2019 schreibt er mit "Scharnow" sogar einen Roman. Dazu sieht man ihn zunehmend im Kino oder im Fernsehen: Sein Lieblingsregisseur Quentin Tarantino gibt ihm einen Cameo-Auftritt in "Inglorious Basterds" als Kino-Platzanweiser; im Tatort, bei Dittsche oder im Polizeiruf 110 mit Charly Hübner konnte man ihn auch sehen.
Auch, wenn bei den Konzerten "Die Ärzte - AUS BERLIN!" geraunzt wird, lebt Bela B seit Jahren in Hamburg. Da hat er es als Fan des FC St. Pauli auch nicht so weit zum Millerntor-Stadion. Dazu ist er sozial engagiert: gegen Rassimus, für Tiere und Umwelt - übrigens werden die Tourneen der Ärzte klimaneutral durchgeführt.
"Es gibt nur einen Gott, BelaFarinRod"
Für viele Nachwuchsmusiker waren Die Ärzte der Grund, es auch selbst mal mit einer Band zu versuchen. So erfolgreich wie sie ist allerdings kaum jemand geworden - geschweige denn so charismatisch. Den humoristisch gemeinten Spruch eines Fans "Es gibt nur einen Gott, BelaFarinRod" haben die Ärzte direkt auf T-Shirts drucken lassen - wohlgemerkt ebenfalls humoristisch gemeint. Ob Bela B nun der beste Texter, Sänger oder Schlagzeuger der Welt (oder bei Die Ärzte) ist, das lassen wir mal so stehen - aber definitiv textet, singt und trommelt er in der "besten Band der Welt".