Depeche Mode: Peter Urban über die Gründungsjahre der Band
Im Podcast "Urban Pop" gibt NDR Musikexperte Peter Urban Einblicke in die Geschichte der englischen Band Depeche Mode, die düsteren Elektropop in den Achtzigern salonfähig machte.
Der düstere Elektropop der britischen Synth-Rock-Band Depeche Mode begeistert seit über 40 Jahren. Nach dem Tod von Keyboarder Andrew Fletcher im Mai 2022 stehen hinter Depeche Mode nur noch Sänger Dave Gahan und der Songschreiber und Gitarrist Martin Gore. Dabei waren sie ursprünglich sogar mal zu viert. Doch wie fing alles an?
Depeche Mode: Die ersten Jahre mit Vince Clark
Die Anfänge von Depeche Mode gehen zurück auf das Jahr 1979. Vince Clarke gründet damals mit seinen Klassenkameraden Martin Gore und Andrew Fletcher die Band als "Composition of Sound". Als Clarke den jungen Dave Gahan 1980 'Heroes' von David Bowie singen hört, holte er ihn als Frontmann in die Band, die sich bald darauf in Depeche Mode umbenannte. Gahan hatte den exotisch klingenden Namen "Dépêche Mode" auf einer französischen Zeitschrift gelesen. Peter Urban erzählt schmunzelnd im Podcast "Urban Pop": "Weil sie nicht richtig Französisch konnten, dachten die Jungs, das heißt 'gehetzte Mode'. Aber das ist natürlich Quatsch. Denn 'Dépêche Mode' bedeutet 'Mode-Nachrichten'."
Martin Gore: Behütete Kindheit und Leidenschaft für Musik
Clark, Gahan, Gore und Fletcher stammen aus Basildon, eine von Industrie, Fabriken und Plattenbauten geprägte Stadt, etwa 40 Kilometer nordöstlich von London. Gore wuchs behütet auf. Er las viel, interessierte sich sehr für Musik, brachte sich selbst das Klavierspielen bei. Als Depeche Mode später auch anrüchigere Texte schrieben, brachte das den eher in sich gekehrten Gore, der aus einem religiös geprägten Elternhaus stammt, in Gewissenskonflikte. "Er fragte sich dann 'Was würde jetzt meine Mutter sagen'?", so Urban.
Dave Gahan hielt Adoptivvater für leiblichen Vater
Dave Gahan wuchs in schwierigen Familienverhältnissen auf. Sein leiblicher Vater Len verließ die Familie früh nach der Geburt von David und seiner Schwester. Gahans Mutter heiratete später Jack Gahan, der die Geschwister adoptierte und den die beiden für ihren leiblichen Vater hielten. Nachdem Jack Gahan starb, fanden seine Mutter und sein leiblicher Vater, der ihm zunächst als 'Onkel Len' vorgestellt wurde, wieder zusammen. Als David erfuhr, dass nicht Jack, sondern Len sein Vater ist, brach für ihn eine Welt zusammen: "Das war ein riesen Schock für David, der seinen Adoptivvater als Vater anerkannt hatte und ihn sehr gern gehabt hatte", so Peter Urban.
Später schwänzte David Gahan häufig die Schule, er stahl Autos und musste unter Arrest Sozialstunden leisten, sang aber auch in einer Band. "Seine Prognosen für ein gutes Leben waren also eher schlecht", resümiert Peter Urban. "Heute erzählt Gahan in Interviews, die Musik habe ihm das Leben gerettet."
Band-Gründer Vince Clarke steigt 1981 aus
Vince Clarke, der die Jungs zusammengebracht hatte, verließ die Band bereits 1981 nach der Veröffentlichung des ersten Albums "Speak & Spell" wieder. "Man weiß immer noch nicht genau, warum. Aber ihn störte die neue Aufmerksamkeit der Medien. Außerdem gab es gewisse Spannungen in der Band, weil die Band eigentlich eine andere Richtung nehmen wollte. Was Clarke schrieb, war den anderen Bandmitgliedern zu positiv poppig glatt", so Musikexperte Urban. Der bekannte Depeche-Mode-Song "I just can't get enough" stammt noch aus seiner Feder.
Wie der düstere Depeche-Mode-Sound entstand
Nach Clarks Ausstieg wurde Martin Gore prägender Songschreiber der Band. "Martin Gore ist der wohl prägendste Songschreiber bei Depeche Mode", berichtet Peter Urban dem Musikredakteur Ocke Bandixen. Ihr Sound wurde geheimnisvoller und dunkler, weniger poppig. Die Jungs testeten verschiedene Synthesizer, die Anfang der Achtziger auf den Markt kamen. Die Töne der Songs waren eher in Moll und weniger in Dur gehalten.
Außerdem experimentierten Gore, Gahan und Fletcher mit Ton-Effekten, so war zum Beispiel zersplittertes Glas als musikalisches Element zu hören - damals eine neue Herangehensweise: "Sie haben auf normale traditionelle Instrumente wie Schlagzeug und Bass komplett verzichtet", erzählt Podcast-Experte Urban. So etablierten sie den düsteren Elekropop-Sound, der dann Anfang der 1990er auch ihre erfolgreichsten Songs wie "Enjoy the silence" und "Personal Jesus" prägte.
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