"12" von Ryuichi Sakamoto: Sphärischer Klangteppich
Er war einer der größten Stars in seiner Heimat Japan - und darüber hinaus: Ryuichi Sakamoto. Am 17. Januar feierte der Musiker seinen 71. Geburtstag und brachte das neue Solo-Album "12" raus.
Mit Elektropop und dem Yellow Magic Orchestra (YMO) begann Ryuichi Sakamoto vor 40 Jahren als Keyborder seine Karriere. Später arbeitete er an Piano und Laptop. Dann kamen Soundtracks für große Filmprojekte von internationalen Regisseuren wie Almodovar, Bertolucci und Iñárritu. Für die Musik zu "Der letzte Kaiser" gewann er 1988 den Oscar und einen Grammy.
Minimalistischer Sound
Kein Rhythmus, keine Beats, kein Gesang. Stattdessen nur Piano und Synthesizer. Ryuichi Sakamoto mochte es minimalistisch. Auf seinem neuen Album meditierte der Japaner über das Thema Klang. Einzelne elektronische Schwebesounds leuchten auf, das Klavier erklingt. Ein Hauch von Melodie zeichnet sich ab, verschwindet aber auch wieder sofort. Die Klanglandschaft ist weit und karg, sie ändert sich beständig, aber zugleich bleibt sie auch ähnlich.
Nach Krebserkrankung entstehen 12 Klangminiaturen
Diese zurückhaltende Spielart von elektronisch-akustischer Musik trägt stark ambienthafte Züge. Für einige mag das eine Klangtapete sein, für andere bedeutet es ein Paralleluniversum. Für Sakamoto war die Beschäftigung mit der Musik vielleicht beides. Nach einer Krebserkrankung wollte er im "Sound baden", wie er sagt, er konnte sich ablenken und zur Ruhe kommen. Auf diese Weise entstanden die zwölf Klangminiaturen auf "12", die nach der Hälfte stärker vom Klavier dominiert werden.
Seit 2003 verband Sakamoto kunstvoll akustische und elektronische Klänge miteinander. Die Grenze zwischen Organischem und Synthetischem löst sich auf. Auf Platten wie diesen denkt man weniger an einen Komponisten im klassischen Sinn, der sich an Noten, Tonleitern und Harmonien orientiert. Eher an einen Maler, der ein Klangobjekt entwirft und dieses auf eine große Leinwand projiziert. Unter fragmentierten Piano-Phrasen und melancholischen Synthesizerflächen tun sich teilweise Abgründe auf.
Soundtrack zu Serie "Exception"
Zuletzt hat Sakamoto den Soundtrack zu der Science-Fiction-Horror-Serie "Exception" geschrieben. Und auch die Musik von "12" könnte man sich als atmosphärische Filmmusik zu einer Dystopie auf Leinwand vorstellen. Eine Welt wie in Ridley Scott's Blade Runner, in der es jedoch nur noch wenige Menschen gibt. Teilweise spielt Sakamoto mit leichten Disharmonien. Große Melancholie und Einsamkeit schwingen teilweise in der Musik mit.
Album "12" als musikalisches Tagebuch
"12" ist eine Art musikalisches Tagebuch, in dem Sakamoto seinen Kampf mit dem Krebs dokumentierte. Am 11. Dezember 2022 spielte er sein vielleicht letztes Klavierkonzert, das online übertragen wurde. Weil er zu schwach war, um ohne Unterbrechung zu spielen, wurden die Stücke einzeln aufgenommen und dann zusammengeschnitten. "12" beeindruckt vor diesem Hintergrund umso mehr, weil Sakamato nicht aufgab und weiter Musik machte.
Wie nun am 2. April bekannt wurde, ist Sakamoto am 28. März mit 71 Jahren gestorben.
12
- Genre:
- Jazz
- Label:
- Milan Records
- Veröffentlichungsdatum:
- 17.01.2023