Weltklasse auf der Blockflöte: Maurice Steger
Nur wenige spielen wie er: Der Schweizer Virtuose Maurice Steger gilt als einer der besten Blockflötisten überhaupt. Aber das war nicht immer so. Im Interview erzählt er bei NDR Kultur EXTRA, wie er dazu gekommen ist.
Die Fachwelt ist sich einig: Als Solist auf der Blockflöte macht keiner etwas dem Schweizer Virtuosen Maurice Steger vor. Der Spezialist für Barockmusik wurde wegen seiner technischen Fähigkeiten schon als "Hexenmeister" bezeichnet und als "Paganini der Blockflöte". Kritiker loben zudem sein musikalisches Gespür, sein Stilempfinden und seinen Intellekt. Stegers zahlreiche Einspielungen wurden mehrfach ausgezeichnet. Regelmäßig tritt er als Solist und Dirigent mit renommierten Orchestern auf, aber auch in kleineren Besetzungen. Bei NDR Kultur EXTRA begleitet ihn Martin Klett am Cembalo. Auf dem Programm stehen Kostproben von Stegers neuem Bach-Album sowie Werke anderer Meister des Barock.
Die Blockflöte scheint immer noch ein exotisches Instrument zu sein. Ist das nicht auch manchmal ein schönes Alleinstellungsmerkmal?
Maurice Steger: Eigentlich schon. Ich bin total glücklich Blockflötist zu sein. Ich bin auch sehr glücklich, dass sich dieses Berufsfeld in den letzten Jahren sehr geändert hat. Die Blockflöte wurde Mitte des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt und hat auf verschiedenen Ebenen eine Entwicklung gemacht. Natürlich bin ich in einer Minorität der Instrumente, aber das spielt für mich gar keine Rolle. Die Blockflöte kann ganz viel. Ich finde es sehr schön, dass sie heutzutage auf verschiedenen Bühnen gespielt wird und das sehr unterschiedlich. Sie hat sich zu einem sehr vielschichtigen Konzert-Instrument im Ensemble, im Orchester, aber auch solistisch entwickelt, das finde ich ganz toll.
Wenn man sieht, was in deinen Meisterklassen los ist, braucht man sich um die Blockflöte keine Sorgen zu machen. Glaubst du, das Instrument wird jetzt in der nachfolgenden Generation wieder mehr etabliert sein?
Steger: Es hat jetzt schon viel von diesem Prozess stattgefunden - und die Jungen kommen nach. Natürlich haben die jungen Spielerinnen und Spieler heute ganz andere Voraussetzungen. Sie hatten ihre Lehrer und Vorbilder ganz nah dran. Wir, die mittlere Generation, hat schon von den Pionieren gelernt. Das heißt, eine Tradition ist jetzt auch schon spürbar. Ich glaube sehr wohl, dass es in zehn Jahren noch mal ganz anders ist, dass viele junge Spieler dann auf der Bühne zu erleben sind, das finde ich natürlich schön.
Welche Erfahrungen habt ihr als Schulkinder mit der Blockflöte gehabt?
Martin Klett: Ich habe Blockflöte gespielt. Es übernahm dann im Laufe der Grundschule schnell das Klavier. Aber in meiner Kindheit war die Blockflöte ein total präsentes Instrument.
Maurice Steger: Es war genau wie bei Martin. Der erste Versuch ist gar nicht geglückt. Ich war für alles zu klein. Ich war motorisch noch so ungeschickt und konnte kaum den Bleistift halten, ohne ihn vor Verkrampfung fast zu erdrücken. Dann habe ich die Blockflöte schnell wieder weggelegt, weil das für mich eine Überforderung war. Die ist ziemlich lange in meinem Kinderzimmer liegen geblieben - bestimmt 2,5 Jahre. Dann habe ich die anderen Kinder gehört, wie sie spielen - und nochmal von vorne begonnen und zwar im Einzelunterricht. Ich war nicht mehr in der Gruppe und hatte nicht diesen Zwang, so gut sein zu müssen wie die anderen. Plötzlich ist der Groschen gefallen. Ich habe diese ganz neu Ebene an der Blockflöte entdeckt. Ich war vielleicht 13 Jahre alt und habe mich in diesen Klang und in meine Kommunikation mit diesem Instrument verliebt. Ich habe gemerkt, so wie ich mein Instrument behandle, so gibt es auch etwas wieder. Das ist eine ganz sinnlich Geschichte. Ich lerne bis heute, wie muss ich die Blockflöte spielen, dass sie wirklich das tut, was ich möchte. Das ist so komplex, weil das Instrument an sich sehr einfach ist und es ist ein absoluter Seelenspiegel. Das hat mich so fasziniert und ich habe mich wirklich Hals über Kopf in diesen Klang verliebt. Das ist noch heute so. Wenn ich in eine Schulklasse komme und die können noch gar nicht gut spielen und spielen alle zusammen voller Passion und es ist eigentlich ganz falsch. Für mich ist es schön, ich liebe den Klang der Blockflöte.
Das Gespräch führte Philipp Cavert.