Sopranistin Kathrin Lorenzen: Mut zu Extremen
Der Mirjam Helin Competition in Helsinki gehört zu den bedeutendsten Gesangswettbewerben der Klassik. Die Flensburger Musikerin Kathrin Lorenzen hat den mit 40.000 Euro dotierten zweiten Preis sowie den Publikumspreis gewonnen.
Ein Riesen-Erfolg für die norddeutsche Sopranistin Kathrin Lorenzen: "Ich bin völlig überwältigt und froh und glücklich und dankbar. Ich glaube, das dauert eine Weile, bis man verstanden hat, was da passiert ist, bei diesem Finalkonzert", freut sich Lorenzen. Sie schwebt in einem Zustand zwischen Freude und Staunen. Die junge Sopranistin, Jahrgang 1994, kann noch nicht so richtig fassen, dass sie beim Mirjam Helin-Wettbewerb in Helsinki gleich zwei Preise abgeräumt hat - obwohl die Finalrunde ziemlich perfekt gelaufen ist.
Sechs Sängerinnen und Sänger aus Europa und Asien im Finale
"Ich hab mich gut gefühlt auf der Bühne, weil das Orchester total toll und supportive war und mir den Rücken gestärkt hat. Der Dirigent hat alles möglich gemacht, um mir zu helfen", berichtet Lorenzen. "Ich war einfach froh, dass ich da stehen und musizieren durfte. Ich hatte ja schon gewonnen mit dem Finalplatz."
Sechs junge Sängerinnen und Sänger aus Europa und Asien hatten das Finale erreicht und damit schon 10.000 Euro sicher. Der erste Preis ging an die chinesische Mezzosopranistin Jingjing Xu. Kathrin Lorenzen hat sich den mit 40.000 Euro dotierten zweiten Preis und den Publikumspreis ersungen - mit dem Sopransolo aus Mahlers Vierter Sinfonie und einer Arie aus der zeitgenössischen Oper "The Ghosts of Versailles" von John Corigliano.
Lorenzens Anspruch: Grenzen der klassischen Musik ausweiten
"Das handelt von Marie-Antoinette, die wieder ihre Köpfung durchlebt und beschreibt, was sie riecht, was sie sieht und durchmacht. Da kann man natürlich ganz viel zeigen auf der Bühne, viel durchleiden und das Publikum miterleben lassen", erklärt die Sopranistin. So ein Stück liegt Kathrin Lorenzen und ihrer Ausdruckskraft besonders. Denn es reicht ihr nicht, einfach schön zu singen, was sie hervorragend kann. Sie hat den Mut, auch in Extreme zu gehen.
"Ich will so gerne in der klassischen Musik die Grenzen ein bisschen ausweiten und das Konventionelle überschreiten", erklärt sie. "Ausweiten, was möglich ist. Gerade jetzt in unserer Generation, meiner Generation, möchte ich so gerne das ausdrücken, was uns bewegt, und nicht versuchen, museal nachzumachen, was schon Hunderte vor uns gemacht haben."
Norddeutsche Heimat auf dem Land bei Flensburg prägte
Auf der Bühne geht sie aus sich raus und kann zur Rampensau werden, da zieht sie alle Blicke an. Dabei ist Kathrin Lorenzen das Gegenteil einer Diva. Wenn man ihr privat begegnet, wirkt die feingliedrige junge Frau mit dem klaren Blick eher ruhig und macht überhaupt kein Gewese um sich. Mit dieser sympathischen Zurückhaltung passt sie perfekt in ihre Wahlheimat Stockholm, wo sie eine Fünfzig-Prozent-Stelle beim Schwedischen Rundfunkchor hat. Da fühlt sie sich wie zu Hause:
"Ich glaube, das liegt daran, dass wir in Norddeutschland - oder vor allem in der Gegend, wo ich herkomme, bei Flensburg -, da in die skandinavische Richtung gehen, was das Mentale angeht. Aber natürlich bin ich auch auf dem Bauernhof groß geworden, auf dem Land, und das prägt natürlich auch." Eine gewisse Bescheidenheit habe sie mitbekommen. "Nicht ganz so kulturell-metropolisch, sozusagen. Ich glaube, das hat mich geprägt."