Mecklenburgische Staatskapelle feiert 460. Geburtstag
Sie ist das älteste Orchester Norddeutschlands: Im Juni feiert die Mecklenburgische Staatskapelle ihr 460-jähriges Bestehen - unter anderem mit einem Jubiläumskonzert. Wie sehen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Staatskapelle aus?
Die Schweriner Musikerinnen und Musiker blicken auf die viertlängste durchgehende Tradition in Deutschland - nach ihren Kollegen in Kassel, München und Dresden. Mit Richard Wagner feiert die Mecklenburgische Staatskapelle ihren 460. Geburtstag - mit einem Ring ohne Worte, dirigiert von Generalmusikdirektor Mark Rohde: "Diesen 'Ring ohne Worte' hat Lorin Maazel zusammengestellt, das sind ungefähr 70 Minuten Musik", so Rohde. "Die Idee kam tatsächlich aus dem Kreis der Kollegen des Orchesters, und ich fand die Idee bestechend, weil es zu Lebzeiten Wagners eine ganz enge Beziehung zwischen Bayreuth und Schwerin gab. Das Rheingold wurde als zweites hier gespielt. Wir haben hier diese Rheingold-Orgel im Theater - das bot sich dann einfach an."
Mecklenburgische Staatskapelle: Geburtsstunde im Jahr 1563
Gut drei Jahrhunderte vor der Rheingold-Aufführung in Schwerin wurde die "Hof-Cantorej" gegründet: "Diese Urkunde ist da. Wir wissen also: Der 17. Juni 1563 ist unsere Geburtsstunde. Es ist die Bestallungsurkunde von David Köler als erstem Hofkantor, Hofkapellmeister. Er kam aus Altenburg", erzählt Stefan Fischer. Er gehört als Geiger seit mehr als 30 Jahren dem Orchester an, kennt sich mit der Geschichte der Mecklenburgischen Staatskapelle umfassend aus. Gleich der Beginn war auch die erste Hochzeit des Orchesters: "Mit David Köler, mit Johannes Flamingus und dann mit Thomas Mancinus sind drei wirkliche Schwergewichte der Renaissance beziehungsweise frühbarocken Musik in Deutschland hier tätig gewesen", so Fischer. "Die haben die Hofkapelle zu echter Blüte gebracht."
Doch auch in den dann folgenden Jahrhunderten sorgten immer wieder bedeutende Chefdirigenten, so Stefan Fischer, für eine hohe künstlerische Qualität: "Wenn ich jetzt an 1700 zum Beispiel denke, ist Johann Fischer eine europaweit bekannte Persönlichkeit als Konzertmeister gewesen. Es kam immer auf die jeweilige Herrschaft an. Christian Ludwig II. ist für uns ein sehr wichtiger Herzog gewesen. Der hat mit Adolf Carl Kuntzen auch ein musikalisches Schwergewicht geholt", erklärt Fischer. Ungefähr zur selben Zeit wie Kuntzen sei auch Karl Westenholz als Kapellknabe nach Schwerin gekommen, wurde dann Meisterschüler bei Kuntzen. Der habe dann im Laufe der Zeit eine beispiellose Karriere innerhalb dieses Ensembles der Mecklenburg-Schweriner Hofkapelle gemacht.
Illustre Geschicht versus aktuelle Nöte: Das Orchester ist unterbesetzt
"Als Nachfolger von Kuntzen war noch Johann Wilhelm Hertel eine wirklich bekannte deutsche Musikerpersönlichkeit. Es hatte sich natürlich im Laufe der Zeit rumgesprochen, sodass dann sogar Komponisten aus dem Süden sich beworben haben. Ich denke an Antonio Rosetti oder auch Johannes Sperger, Luis Massonneau, der die Kapelle ja auch 36 Jahre lang geleitet hat", so der Chefdirigent weiter. Es habe immer herausragende Persönlichkeiten gegeben. Im 20. Jahrhundert standen unter anderem die später international bekannten Dirigenten Kurt Masur, Klaus Tennstedt und Hartmut Haenchen am Pult der Mecklenburgischen Staatskapelle.
460 Jahre Orchester-Geschichte ist das eine, die aktuellen Nöte sind das andere. Mit derzeit 58 Stellen ist die Kapelle deutlich unterbesetzt: "Das Orchester müsste im Grunde genommen 88 Planstellen haben", erklärt Mark Rohde. Für den Generalmusikdirektor und die Orchestermitglieder gibt es seit einem Jahr eine gewisse Entlastung, denn der neugegründeten Orchesterakademie gehören fünf Musikerinnen und drei Musiker an: "Wir haben letztes Jahr im Juni Probespiele gemacht und haben für alle Instrumente sehr geeignete Leute gefunden, alle relativ weit in ihrem Studium, aber eben noch Studenten", erzählt Gesa Johanns. "Die haben dann alle im August hier angefangen und haben sich phänomenal integriert." Die Orchesterdirektorin Johanns möchte die Orchesterakademie noch erweitern: "Wir hoffen, dass wir noch ein bisschen ausbauen können. Unser Wunsch war eigentlich, mit zwölf Akademisten zu starten, weil das viel Sinn ergeben würde für die Orchesterstruktur. Wir hoffen, dass wir noch ein bisschen was dazubekommen."
Kultur als Wachstumsfaktor: Wie wird sich die Landesregierung engagieren?
Wie in einer Landeshauptstadt ein großes Orchester unterstützt wird, hat Chefdirigent Mark Rohde gerade in Nordrhein-Westfalen erfahren: "Das Düsseldorfer Orchester hat 130 Planstellen, und die kriegen jetzt noch zehn dazu - in Krisenzeiten. Kultur ist ja nicht nur so, dass wir abends schön ins Konzert gehen, sondern das zieht ja ganz, ganz große Kreise. Da kommen Leute ins Konzert und die möchten dann nachher essen gehen. Dann haben die Gastronomen was davon, und die Kommunen haben was davon, weil sie dann wieder Steuereinnahmen generieren", so der Chefdirigent. Insofern müsse man die Kultur nicht als finanzielle Last betrachten, sondern die Kultur als große Chance – "Kultur im Grunde genommen als ökonomischen Wachstumsfaktor".
460 Jahre Staatskapelle in einem Mecklenburgische Staatstheater - die Zukunft wird zeigen, wie sehr sich der Staat - die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern, sie ist der einzige Gesellschafter - in diesem Kulturbereich engagiert.