Lieder für Schlaflose: Katharina Konradi singt Schubert
Schubert-Lieder für Gesang und Klavier kennt jeder. Aber für Gesang und Gitarre? Die Sopranistin Katharina Konradi hat mit dem Pianisten und Gitarristen Ammiel Bushakevitz das Album "Insomnia" aufgenommen.
An Franz Schubert kommt kein Interpret von romantischen Liedern vorbei: Wie kein anderer hat der Frühverstorbene das deutsche Kunstlied geprägt. In den allermeisten Fällen wird bei dieser Gattung die Gesangssolistin oder der Gesangssolist am Klavier begleitet. Die Sopranistin Katharina Konradi und ihr Duopartner Ammiel Bushakevitz haben für ihr neues Album "Insomnia" eine überaus reizvolle weitere Art gewählt, die ganz andere Klangfarben und -welten eröffnet: Bushakevitz hat ein Drittel der aufgenommenen Lieder für Gitarre umarrangiert und wechselt zwischen beiden Instrumenten, die er gleichermaßen meisterhaft beherrscht. So zart und intim bekommt man Schubert nur selten zu hören.
Ammiel, träumst du nachts von Musik?
Ammiel Bushakevitz: Tatsächlich ja und manchmal wache ich auf, und denke, ich möchte diese Musik aufschreiben und kann es nicht. Es ist einfach so schön im Traum.
Katharina Konradi: Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber manchmal träume ich Melodien, die ich noch nie gehört habe. Und wenn ich aufwache, möchte ich mich daran erinnern und es aufschreiben oder irgendwie festhalten, aber das verfliegt.
Ihr habt euer Album "Insomnia" genannt, also die Schlaflosigkeit. Warum dieser Titel?
Konradi: Medizinisch gesehen ist Insomnia eigentlich etwas Negatives. Es wird als Schlafstörung bezeichnet. Wir haben ganz verschiedene Liedtexte und ganz verschiedene Lieder, die die Nacht besingen, zusammengebracht. Im Schlaf kann alles Mögliche passieren. Oder wenn man nicht schlafen kann, dann kann noch mehr passieren.
Bushakevitz: Es hat auch etwas Positives, zum Beispiel Einfälle und Lebensentscheidungen. Da hat man Zeit. Außerdem ist die Nacht in der Romantik wichtig, sie ist tröstlich.
Etwas ganz Besonderes bei diesem Album ist, dass du, Ammiel, nicht nur Klavier spielst, sondern auch Gitarre. Was hatte Franz Schubert denn für eine Verbindung zur Gitarre?
Bushakevitz: Die Biedermeier-Zeiten waren schwer in Österreich und nicht alle Familien konnten sich ein Klavier leisten. Sogar Schubert hat nie ein Klavier im Leben besessen, er hat die Instrumente immer ausgeliehen oder bei Freunden gespielt. Aber wir glauben, dass er tatsächlich eine Gitarre besaß, und zwar von Stauffer, eigentlich ein berühmter Geigenbauer. Schubert hat wahrscheinlich auch für Gitarre komponiert. Viele der Lieder sind eigentlich passender für Gitarre als für Klavier. Das fanden wir sehr schön und deswegen habe ich ein paar Lieder für die Gitarre bearbeitet.
Was machst du denn als Sängerin anders, je nachdem, ob das Lied mit Klavier oder mit Gitarre begleitet wird?
Konradi: Für mich ist die Gitarre ein etwas zarteres Instrument gegenüber einem Klavier. Dementsprechend habe ich auch Lust, meine Stimme anzupassen. Ich muss nicht mehr so stark gegen ein Klavier ansingen, sondern kann mit der Gitarre mitschwingen. Die Saiten einer Gitarre schwingen so weich und so beruhigend, dass ich Lust habe, auch meine Stimme auf dieses Niveau herunterzuschrauben. Das ist wie in einem intimen Raum, wie in einem Wohnzimmer, als würde man nur für sich musizieren. Das ist für mich die Einstellung mit Gitarre.
Du bis mit 15 Jahren nach Deutschland gekommen, inwieweit hat dir die Musik in dieser Zeit Halt gegeben?
Konradi: Das war interessant, denn ich habe ungefähr alle CDs, die es in unserer Stadtbibliothek in Pinneberg gab, ausgeliehen und tausend mal durchgespielt. Ich habe mich daran berauscht, nicht nur an Musik mit Gesang, sondern auch Klavier, Symphonien und Opern und das hat mich sehr gestärkt. Immer nach der Schule, wo die Enttäuschung und die Trauer so stark waren, dass man noch nicht so richtig angekommen ist. Mit der Musik konnte ich alles weghören und mich daran berauschen. Und ich habe Pläne geschmiedet und geträumt, was in der Zukunft alles passieren könnte. Und jetzt lebe ich meinen Traum und das ist einfach nur wunderbar.
Katharina, du bist vor einigen Monaten Mutter geworden. Das hat auch einen Einfluss auf den Körper. Was hat das mit deiner Stimme gemacht? Hat die sich dadurch verändert?
Konradi: Die Stimme hat sich insofern verändert, dass sie weiter, tiefer, vielleicht auch ein Stück wärmer geworden ist. Man reift schon mit so einer existenziellen Erfahrung. Die Stimme bleibt nicht einfach so unberührt, die Stimme geht mit. Die Stimme nimmt diesen ganzen Prozess mit und wächst, so wie ich als Person und als Persönlichkeit daran gewachsen bin. An dieser Erfahrung wächst auch die Stimme mit, und ich empfinde das nur als positiv.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.