Klavierduo und Ehepaar: Herbert Schuch & Gülru Ensari
Herbert Schuch wuchs in Rumänien auf und Gülru Ensari in der Türkei - in Köln und Salzburg kreuzten sich ihre Wege. Seitdem machen sie gemeinsam Musik und sind auch privat eng verbunden.
Herbert Schuch und Gülru Ensari hatten sehr unterschiedliche Kindheiten: Schuch wuchs im Rumänien der 1980er-Jahre auf, wo sich das Leben wegen der bedrückenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse eher im Privaten abspielte. Ensari hingegen stammt aus der pulsierenden Metropole Istanbul und genoss dort alle Freiheiten des kapitalistischen Systems. Erst nach ihren musikalischen Ausbildungen in Köln und Salzburg fanden beide zusammen - künstlerisch und privat. In diesem Jahr ist ihr drittes gemeinsames Album erschienen.
Herbert, was liebst du musikalisch an Gülru?
Herbert Schuch: Ich liebe musikalisch an ihr, dass sie eine unglaubliche Spontaneität hat, sehr spielerisch ist und auch etwas Freches hat. Das sind alles Elemente, die ich dankbar aufnehme und wo ich das Gefühl habe, das bereichert mich, unabhängig von unserem gemeinsamen Spiel, wenn ich mal alleine, mit Orchester oder mit anderen Musikern auf der Bühne bin.
Gülru, was bringt Herbert in eure musikalische Gemeinschaft mit?
Gülru Ensari: Disziplin! Wenn ich frech und spielerisch bin, komme ich gar nicht zur Sache und zum Punkt. Und das ist das Schöne, dass Herbert mich auch immer wieder zurück zur Erde bringt. Das ist es auch, wo wir dieses Spielerische verwirklichen können. Dafür braucht man eine Basis. Herbert hat eine sehr gute Vorstellung von der Musik, von Komponisten, überhaupt von dieser ganzen Welt. Er ist als Pianist, der viele Jahre in diesem Beruf ist, viel erfahrener als ich. Ich verlasse mich auf ihn und dann kann ich mir auch dieses Spielerische oder Freche erlauben. Ich finde, das ist eine schöne Ergänzung. Das ist auch tatsächlich so, wie wir sonst sind: in der Beziehung, in der Ehe oder überhaupt als Menschen. Das findet sich in unserer Musik wieder.
Das Schöne ist, dass ihr diese Gemeinsamkeiten in euren Vergangenheiten gefunden habt und das jetzt eine neue Kindheit eine große Rolle in eurem Leben spielt. 2019 hat sich euer Leben verändert, denn da ist eure Tochter geboren worden. Sie ist mittlerweile drei Jahre alt. Wie hat sich dieses Leben für euch verändert, seit ihr Eltern seid?
Schuch: Als Musiker ist man oft daran gewöhnt, dass man selbst das Wichtigste ist. Wir sagen immer, wir dienen dem Komponisten. Aber natürlich geht es um uns und um das, wie wir auf der Bühne sind, was wir machen, um die Karriere und die Musik. Das ist alles immer noch total wichtig, aber ich merke, dass mit einem Kind eine andere Bedeutung ins Leben kommt. Es ist toll, dass man so etwas erleben darf. Die Musik macht uns großen Spaß, aber ein Konzert geht vorbei. Manchmal denke ich an die vielen Konzerte zurück, die ich gegeben habe - das sind alles wunderbare Erinnerungen. Aber manchmal hat man das Gefühl, es bleibt nicht so wahnsinnig viel davon übrig. Bei einem Kind ist das anders. Es ist da und bleibt auch und das ist schön.
Ensari: Ich muss zugeben, bei mir ist es ein bisschen anders gewesen. Herberts Leben war mit wahnsinnig viel Musik und Üben gefüllt. Vor unserer Tochter hätte ich Herbert einsam in seinem Zimmer lassen können und er hätte vielleicht nach Wasser gefragt. Jetzt ist es anders. Auch wenn er das vielleicht von Tag zu Tag genauso wieder haben wollen würde, geht es einfach nicht mehr, weil unsere Tochter da ist, und sie ist sehr verbunden mit Herbert. Ich wäre sehr gerne ein gutes Vorbild für unsere Tochter. Seitdem ich Mutter bin, hat mein Beruf und wie ich selbst mit mir umgehe eine andere existenzielle Wichtigkeit bekommen. Denn ich bin sehr automatisch Mutter und das ist sehr natürlich passiert, aber ich will in keinem Fall, dass ich für mich selbst zu kurz komme, für unsere Tochter aber auch nicht.
Das Gespräch führte Anna Nóvak.