Kontrabassist Dominik Wagner © Maria Frodl
Kontrabassist Dominik Wagner © Maria Frodl
Kontrabassist Dominik Wagner © Maria Frodl
AUDIO: Neues Album "Double Bass Rhapsody" von Dominik Wagner (12 Min)

"Double Bass Rhapsody": Dominik Wagners neues Album

Stand: 20.11.2023 14:38 Uhr

Das neue Album "Double Bass Rhapsody" mit Dominik Wagner und vier weiteren hochklassigen Kontrabassisten ist erschienen. Es ist das dritte Solo-Album des Kontrabassisten. Eingespielt wurden Werke für Chöre, Symphonische Werke und Pop-Songs in neuen Arrangements.

"Warum haben Sie denn nicht Flöte gelernt?" - diesen Spruch muss sich der 1997 in Wien geborene Dominik Wagner seit seiner Jugend immer wieder anhören, wenn er mit seinem Instrument durch die Stadt läuft. Doch keine Frage, für ihn ist der Kontrabass einzigartig! Schon allein "wegen der Dichtheit und Tiefe des Klanges, dessen Wärme und Fülle man sich nicht entziehen kann", wie er sagt. Mittlerweile gehört Dominik Wagner zweifellos zu den besten Kontrabassisten weltweit.

Mit "Double Bass Rhapsody" bringen Sie ein ganz besonderes Album heraus, eine Rhapsodie mit Werken von Bach, Rheinberger, Bruckner, Samuel Barber und Freddie Mercury? Wie sind Sie darauf gekommen, dieses Album so zusammenzustellen?

Dominik Wagner: Na ja, die Idee war: Man nimmt einige der absoluten Highlights der Musikgeschichte, arrangiert sie und spielt sie dann ausschließlich auf einem oder mehreren Kontrabässen, um noch mal zu zeigen, was und wie vielseitig vor allen Dingen dieses Instrument sein kann und was es da für ein Klanguniversum zu entdecken gibt.

Es ist kein Zufall, dass so etwas wie diese Motette von Bruckner auf der CD ist. Sie waren mal Mitglied der Wiener Sängerknaben…

Wagner: Genau. Für mich war das wahrscheinlich einer der ganz großen maßgeblichen Bestandteile meiner musikalischen Ausbildung und auch von dem, was mich dann langfristig auch formt. Damals haben wir die ganzen Bruckner-Motetten gesungen. Es ist ja auch unfassbar schöne Musik. Musik, die ich sehr vermisst habe. Diese jetzt in dem Ensemble, in so einer Besetzung wieder spielen zu können, das ist natürlich noch mal eine ganz, ganz andere Freude.

Wie ist das, wenn Sie Kontrabass solo spielen? Wie sind die Reaktionen des Publikums?

Wagner: Enorm positiv. Eigentlich jedes Recital hat fast ausnahmslos Standing Ovations am Ende. Es ist eine Riesenfreude. Es funktioniert tatsächlich einfach und wahrscheinlich noch mal ganz besonders wegen dieses gewissen Überraschungseffektes. Die Leute wissen nicht, was auf sie zukommt. Das ist auch für mich spannend. Ok, es ist schön, zum 500. Mal ein Tschaikowsky-Klavierkonzert zu hören – es ist auch fantastische Musik und zurecht wird das so oft gemacht, aber wenn man mal was Neues erlebt, was man sich so nicht hätte vorstellen können, dann ist das noch mal was anderes.

Apropos Überraschung: Die Chaconne aus der Solo-Partita von Johann Sebastian Bach für Geige auf dem Kontrabass zu spielen, das ist, glaube ich, auch dazu angetan, die Menschen zu überraschen. Sie haben - wie ich gelesen habe - sehr lange an dieser Verarbeitung gesessen…

Wagner: Ich möchte sicher gehen, dass die Musik wirklich passend repräsentiert ist, dass man da wirklich etwas hört, was die Musik zum Leben bringt - auf eine Art, die am Ende wirklich hörenswert ist. Ein solches Stück für Bass-Solo zu bearbeiten hat mich um die sechs Jahre gekostet. Ich habe es immer wieder bearbeitet, geübt, noch etwas verändert, wieder geübt, noch einmal etwas verändert und mit vielen Spezialisten gearbeitet, bis ich dann einen Punkte hatte, wo ich sage: Ok, das ist jetzt zumindest für meine Ohren wirklich toll.

Bei der Chaconne aus der Solo-Partita von Johann Sebastian Bach haben sie auch viel mit Geigern gearbeitet…

Wagner: Natürlich, man möchte ja nichts vermissen und besonders auch was die Ohren der Musiker*innen betrifft, für die das Stück geschrieben wurde. Da muss es dann besonders sitzen. Es ist auch ein Anliegen der Resonanz, was wiederum eine große Stärke beim Bass ist. Man hat einen Riesen-Korpus und das kann total resonieren und da muss natürlich auch jeder Doppelgriff, jeder Akkord, jedes Arpeggio, jede dreistimmige Melodieführung dementsprechend

Wie schaffen Sie das, diese Resonanz aus dem Instrument herauszuholen? Wie gelingt es Ihnen, dass man denkt, Kontrabass spielen geht ganz leicht?

Wagner: Ich muss sage, wir befinden uns momentan in einer enormen Entwicklung, besonders am Bass, aber auch insgesamt in der Musikszene: Das Niveau steigt und steigt und steigt. Vor 50, 60 Jahren war es nicht einmal ansatzweise vergleichbar, mit dem was jetzt gemacht wird. Es gibt so viele unfassbar gute Bassisten, die eben auch auf diesem Album vertreten sind. Ich bin nicht der einzige, der sich an neue Gebiete heranwagt. Das machen viele, und das Niveau steigt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bevor auch der Bass ein ganz normales Solo-Instrument wird.

Sie haben einen Bach-Schwerpunkt auf diesem Album - was bedeutet Ihnen die Musik von Bach?

Wagner: Bach ist - besonders eigentlich für Bassisten - hoch faszinierend, denn es ist eine Musik ohne große Melodien. Es sind eigentlich Dreiklänge und Tonleitern. Quasi ausschließlich durch die Harmonie wird hier sensationelle Musik gemacht. Als Bassist hat man - besonders im Orchester, aber auch in einer größeren Kammermusik - eigentlich auch keine Melodie. Man hat die Bassstimme der Akkorde, man führt die Harmonie im Prinzip. Durch Bach kann man das noch mal ganz anders verstehen: Wie verhalten sich Harmonien zueinander? Wo geht es hin? Wo geht es weg? Wie erzähle ich ausschließlich durch die Harmonien eine tolle Geschichte? Und das lehrt einen natürlich noch umso mehr in der Kammermusik, wo man auch nur die Bassführung hat, wie man die Harmonien benutzen kann, zu fühlen und zu spüren, wie man das zum Leben bringen kann.

Auf diesem Album sind aber auch noch ganz andere Titel drauf, zum Beispiel "Bohemian Rapsody" von Freddie Mercury. War das auch ihre Idee?

Wagner: Ja, das ist auch mein Arrangement. Um ehrlich zu sein, Musik muss einen am Ende bewegen, erfüllen, irgendwie auf eine Reise mitnehmen. Für mich ist das in der Musik von Freddie Mercury und von Queen so was von gegeben. Jedes Mal, wenn ich mir diese Musik anhöre, bin ich begeistert, bin ich bewegt.

Sie sind auch Kontrabass-Professor in Würzburg. Kann man sich noch bewerben für ihre Klasse?

Wagner: Ja, klar. Ich habe gerade begonnen und für das nächste Studienjahr gibt es dann wieder Aufnahmeprüfungen, in der kann man sich gerne bewerben.

Man kann Sie auch auf Tour erleben mit einem Kammerensemble. Was steht da jetzt an?

Wagner: Ich bin jetzt gerade dabei, eine Tour zu beenden, mit dem Beethoven-Septett. Wir haben in den letzten eineinhalb Wochen sieben Konzerte gespielt. Danach geht es jetzt nach Spanien, mit drei Konzerten mit Geige-, Kontrabass-, Klavier-Programm. Dann geht es in eine wohlverdiente Pause und nächstes Jahr wieder viele, viele andere Programme. In Hannover beispielsweise spielen wir dieses Bass-Quartett-Programm am 12. Februar.

Das Interview führte Raliza Nikolov.

Das neue Album "Double Bass Rhapsody" von Dominik Wagner ist erschienen beim Label Berlin Classic.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Vormittag | 16.11.2023 | 11:20 Uhr

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