Don Jaffé: Energie und Widerstand
Der Musiker und Komponist Don Jaffé hat den Holocaust überlebt und dem Antisemitismus in der Sowjetunion widerstanden. Seit 1975 lebt er in Bremen, wo er lange Zeit Solo-Cellist der Philharmoniker war. Am 24. Januar feierte er seinen 90. Geburtstag.
"Ich will die Menschen direkt warnen, damit sie sich nicht gegenseitig vernichten!" Das ist die dringliche und leider wieder sehr aktuelle Botschaft von Don Jaffé. Ein charismatischer Mann, der vor allem in der Kindheit und Jugend miterleben musste, wie massenhaft Menschen vernichtet wurden. 70 Mitglieder seiner jüdischen Großfamilie wurden von den Nazis in der Geburtsstadt Riga umgebracht. "Mein Vater konnte nicht erfahren, wo sie begraben waren. Man hat sie einfach gestellt, erschossen und dann verbrannt." Don Jaffé selbst, seine Geschwister und die Eltern haben nur überlebt, weil sie 1941 aus Riga nach Nowosibirsk in Sibirien geflohen sind. Rund viereinhalbtausend Kilometer zu Fuß, ein Marsch über mehrere Monate, bei schlechter Ernährung. Auf dem Weg waren sie immer unter Beschuss durch deutsche Bomber. Davon ist noch eine sichtbare Narbe übrig geblieben. Jaffé deutet auf seine Stirn. "Einmal, bei einer Bombardierung, habe ich einen Splitter abbekommen." Doch er und seine Familie überstehen die Strapazen und Gefahren der Flucht.
"Sie haben sofort verstanden, dass ich Jude bin."
Nowosibirsk bringt etwas mehr Sicherheit, wird aber auch richtig hart. "Das Brot hat ausgesehen...es war alles drin, aber kein Mehl. Können Sie sich vorstellen, wie die Qualität war? Es gab Fröste bis minus sechzig Grad. Unterwegs wurde ich geschlagen, weil sie Wettbewerbe gemacht haben: Wer kriegt mich. Warum haben sie das gemacht? Weil dort nur Russen waren. Die haben ganz anders ausgesehen als ich. Sie haben sofort verstanden, dass ich Jude bin." Damit wird der damals gerade achtjährige Don zum Freiwild für die älteren Jungs. Aber er lernt sich zu wehren.
Don Jaffé: Energie und Widerstand
Noch heute ist seine Energie und Widerstandskraft zu spüren. Er geht regelmäßig laufen und führt am Ende des Besuchs noch seine Hanteln und Gewichte vor. Trotz der schweren Umstände in den ersten Jahren und Jahrzehnten seines Lebens wird der Hochbegabte ein erfolgreicher Cellist. Seine Karriere führt ihn über Israel und Berlin bis nach Bremen, wo er seit 1975 lebt und als Solocellist der dortigen Philharmoniker gespielt hat. Ende der Neunziger, nach der Pensionierung, fängt er an zu Komponieren. Seine Werke haben immer eine Botschaft. "Das ist Ziel meiner Musik! Wenn Sie zum Beispiel mein erstes Werk für Cello hören, dann merken Sie, was im ersten Satz für Kämpfe kommen."
Der Komponist will sein Leben genießen
"Passionen": so lautet der Titel der ersten Cellosonate, gespielt vom Sohn Ramon Jaffé, selbst ein erfolgreicher Cellist. Don Jaffé und seine Frau Elza sind spürbar stolz auf ihre beiden Kinder und die Enkel. Das Ehepaar feiert im Februar seinen 67. Hochzeitstag und verbringt jetzt mehr Zeit miteinander als früher. Denn Don Jaffé hat einen Schlussstrich unter sein Schaffen gezogen. "Eines Tages habe ich beschlossen, dass ich aufhöre, weil ich verstanden habe, dass ich alt bin. Ich habe noch nie gelebt. Ich habe nur gearbeitet und wollte es einmal genießen."