CD der Woche: Concerto Köln spielt Johann Georg Pisendel
Das neue Album von Concerto Köln widmet sich dem spätbarocken Geiger und Komponisten Johann Georg Pisendel. Unerwartete musikalische Wendungen dürften auch eingefleischte Barock-Fans sprachlos machen.
Eine der schillerndsten Figuren höfischer Prachtentfaltung war um 1700 August der Starke. Am sächsischen Hof versammelte er Künstler aus vielen Ländern Europas. Musik, das hieß zugleich Repräsentation. Und der Schmelztiegel der musikalischen Moden jener Zeit, das war die Dresdner Hofkapelle.
Ein Pionier war der Sologeiger und Konzertmeister Johann Georg Pisendel. Er hat dafür gesorgt, dass alle seinem Bogenstrich folgten, und aus einer Gruppe von Musikerindividuen einen gemeinsam atmenden Klangkörper geformt.
Konzertmeisterin Mayumi Hirasaki: "Ich wollte ein Projekt für das ganze Orchester"
Pisendels Wirken gilt als Impuls für die moderne Orchesterarbeit. In seiner Nachfolge steht somit auch die japanische Barockgeigerin Mayumi Hirasaki, die Konzertmeisterin von Concerto Köln. Mit dieser CD feiert sie ihre zehnjährige Verbundenheit mit dem Ensemble: "Ich wollte nicht nur ein Projekt für mich als Geigerin, sondern für das ganze Orchester", erklärt Hirasaki. "So bin ich auf Pisendel und die reiche Zeit der Dresdner Hofkapelle gestoßen. Alle bedeutenden Instrumentalisten des 18. Jahrhunders waren dort."
Pisendel war Schüler von Giuseppe Torelli und befreundet mit Vivaldi, bei dem er ein Jahr in Venedig verbrachte, bevor er in das "Venedig des Ostens", oder auch Elbflorenz, zurückkehrte, nach Dresden.
Pisendel entwickelte Vivaldis Konzerttypus im deutschen Stil weiter. Das Concerto B-Dur zum Beispiel hat Mayumi Hirasaki sehr kammermusikalisch besetzt. "Man hört in der Musik Pisendels die Einflüsse von Vivaldi, dass die Seele sofort anfängt zu tanzen, und dann landen wir nach so einer schönen Melodie plötzlich auf einem neuen Inselteil, dem wir noch nicht begegnet sind."
Mehr Energie durch körperliche Bewegung
Unerwartete musikalische Wendungen, die auch eingefleischte Barock-Fans sprachlos machen dürften. Mayumi Hirasaki begreift sich als Prima inter pares - auch in den "Caractères de La Danse". Um diesem Reigen auch vom Temperament her zu entsprechen, absolvierte Concerto Köln eigens einen Kurs für Barocktanz: "Wir wollten die Tanzcharaktere in ihrer Verschiedenheit in unserem Körper spüren. Uns hat es ganz große Freude gegeben. Wir stellen uns die Bewegung sonst nur vor. Aber wenn man sich tatsächlich selbst bewegt, entsteht eine völlig andere Energie. Und diese Energie versuchten wir, ins Instrumentale zu übersetzen."
Und nicht nur das: In den "Caractères de La Danse" haben die Mitglieder von Concerto Köln auch die Bogenhaltung im Untergriff angewendet, wie damals in Frankreich üblich. Näher kann man dem Geist dieser Musik vermutlich nicht kommen.
Johann Georg Pisendel: Pi
- Label:
- Berlin Classics