Album der Woche: Théotime Langlois de Swarte spielt Vivaldi
Zwar ist Antonio Vivaldi einer der bekanntesten Komponisten - doch selbst bei ihm sind noch Entdeckungen möglich. Der französische Barockgeiger Théotime Langlois de Swarte verhilft bisher ungehörten Werken jetzt eindrucksvoll zur Geltung.
Das neue Doppelalbum beginnt ganz bewusst nicht mit Vivaldi, sondern mit einem Ritornell von Giovanni Legrenzi. Solche, noch an Monteverdi orientierte Musik war in Italien vorherrschend, als in Venedig der "rote Priester" Vivaldi die Bühne betrat. Doch was genau machte der anders?
Vivaldi hatte die Gabe, den Charakter eines Musikstücks schon in den ersten Takten voll zu entfalten - mit sparsamsten Mitteln: zum Beispiel, indem er über wiederholten Noten intensive melodische Linien spannte, oder Stil- und Tempowechsel brachte. Zarteste Texturen finden sich eingebettet in Ausbrüche, so wie in dem Konzert e-Moll RV 278.
Théotime Langlois de Swarte: Shooting-Star der Alten Musik
Genau diese Radikalität des Gefühls hat Théotime Langlois de Swarte schon als Kind fasziniert. Aber da gab es noch etwas: "Als Kind hat mich der Geigenbogen immer an ein Schwert erinnert, all so Sachen wie Zorro, Star Wars und mittelalterliche Ritterwelten. Und mit dem Bogen in der Hand hatte ich eben auch so ein Schwert. Da war ich vier."
Heute ist er 28 und ein Shooting-Star der Alten Musik, gefördert von dem Dirigenten William Christie. Inzwischen spielt Langlois de Swarte auf einer Jacob Stainer-Barockgeige, ein solches Instrument gab es auch an Vivaldis Wirkungsstätte, dem Ospedale della Pietà.
Eine Mischung aus Hits und Raritäten
Klar, dürfen auf diesem Doppelalbum auch die großen Vivaldi-Hits nicht fehlen, serviert in rasanten Tempi. Das junge Ensemble Le Consort spielt in großer Streicherbesetzung auf Darmsaiten, 16 Violinen, fünf Celli und zwei Kontrabässe. Dazu Erzlaute, Theorbe, Gitarre und ein Psalterium.
Doch die bekannten Werke sind nur Brücken zu Raritäten, die mit dieser Aufnahme zum allerersten Mal erklingen. Auch hier wieder: die Effekte, Farben und Techniken, die Vivaldi so unverwechselbar machen.
Aber auch er war offen für Einflüsse. Unüberhörbar hat sich Vivaldi von Johann Paul von Westhoff anregen lassen. Dessen Glockennachahmung findet sich wieder in einer Fantasia für die berühmte Schülerin Anna Maria.
Konzerte für ein ganzes Leben
"Concerti Per Una Vita" - Konzerte für ein ganzes Leben - heißt das Doppelalbum mit zweieinhalb Stunden Musik. Es zeigt, dass Vivaldi von seiner Jugend in Venedig bis zu den letzten Tagen in Wien technisch und akademisch Grenzen überschritt und immer neue Gestaltungsformen geschaffen hat: eine lebenslange Reise.
Antonio Vivaldi: Concerti Per Una Vita
- Genre:
- Klassik
- Zusatzinfo:
- Mit weiteren Werken von Legrenzi, Westhoff, Mouret; Théotime Langlois de Swarte, Violine; Le Consort
- Label:
- Harmonia Mundi