Album der Woche: Isata Kanneh-Mason spielt Fanny Mendelssohn
Auf ihrem neuesten Album erweist die britische Pianistin Isata Kanneh-Mason einer noch immer zu selten gespielten Komponistin die Ehre: Fanny Mendelssohn. Ihre Stücke sind echte Entdeckungen.
Das Album heißt schlicht "Mendelssohn" und es vereint verschiedene Facetten der Klaviermusik von Fanny und Felix Mendelssohn, darunter Felix Mendelssohns erstes Klavierkonzert, Arrangements aus der Musik zum "Sommernachtstraum" und "Lieder ohne Worte". Dazu kommen zwei Klavierwerke von Fanny Mendelssohn: ein Notturno und die sogenannte "Ostersonate", eine erst 1970 entdeckte Klaviersonate, die noch bis 2010 Felix Mendelssohn zugeschrieben und dann zweifelsfrei als Komposition von Fanny identifiziert wurde.
Isata Kanneh-Masons spielerische Virtuosität
Da geht es ganz schön dramatisch los im Final-Satz der "Ostersonate" von Fanny Mendelssohn. Sie heißt so, weil die Komponistin in dem Stück unter anderem den Osterchoral "Christe, du Lamm Gottes" verwendet. Und im turbulenten letzten Satz bezieht sie sich auf die Stelle in der Bibel, als Jesus stirbt und der Vorhang im Tempel zerreißt.
Virtuosität klingt bei Isata Kanneh-Mason spielerisch. Akkorde und Läufe kommen super präzise, das perlt und glitzert. Außerdem hat die Pianistin jede Menge Energie. Egal, ob sie solistisch die Sonate von Fanny Mendelssohn spielt oder das pianistisch ebenfalls sehr anspruchsvolle erste Klavierkonzert von Felix Mendelssohn.
Toll, wie sich Solistin und Orchester, die London Mozart Players unter Jonathan Bloxham, in ihrem Feuer gegenseitig "anstecken". Das hat Drive, schießt aber nicht übers Ziel hinaus. Und dann hat Isata Kanneh-Mason eine auch sehr charmante Facette.
Felix und Fanny hatten einen ähnlichen Stil
Ein Kontrast zu Felix Mendelssohns rauschhaftem Klavierkonzert ist das Notturno aus dem "Sommernachtstraum", hier in einem wenig bekannten Klavier-Arrangement von Moritz Moszkowski. Satt, warm, dunkel sind die Farben. Auch Fanny Mendelssohn hat ein Notturno geschrieben - es klingt aber ganz anders als das von Felix. Es ist voller Wehmut und sehr nachdenklich.
Ganz subtil lässt Isata Kanneh-Mason die Musik fließen. Man kann hier hören, dass Felix und Fanny Mendelssohn durchaus einen ähnlichen, eben typisch romantischen Stil haben. Und schließlich kannten sich die Geschwister gut und wussten, wie der/die jeweils andere komponiert.
Kluge Mischung aus Bekanntem und Raritäten
Fanny Mendelssohn steht mit ihren Klavierwerken keineswegs im Schatten von ihrem Bruder Felix, das macht dieses Album deutlich. Zum Beispiel bei dem munteren Scherzo aus der Ostersonate. Isata Kanneh-Mason spielt das mit tänzelnder Eleganz.
Dieses Album punktet mit einer klugen Mischung aus Bekanntem und Raritäten. Felix Mendelssohns Klavierkonzert, die Stücke aus dem "Sommernachtstraum" sind Klassiker. Aber die Arrangements werfen eben ein anderes Licht auf die Musik. Und Fanny Mendelssohns Stücke sind echte Entdeckungen. Der pianistischen Brillanz und Sensibilität von Isata Kanneh-Mason hört man gern zu. Ein sehr lohnendes Album.
Mendelssohn
- Zusatzinfo:
- Isata Kanneh-Mason, London Mozart Players, Jonathan Bloxham Felix Mendelssohn: Klavierkonzert Nr. 1 g-Moll, Klavier-Arrangements aus "Ein Sommernachtstraum", Lieder ohne Worte Op. 67/2&6; Fanny Mendelssohn: Notturno g-Moll, Ostersonate
- Label:
- Decca