Album der Woche: Ein Duell der Geigenbögen in Venedig
Die Geigerin Chouchane Siranossian haucht mit Andrea Marcon und dem Venice Baroque Orchestra dem italienischen Violin-Repertoire des 18. Jahrhunderts neues Leben ein. "Duello d’archi a Venezia" ist ein mitreißendes Album.
Das soll uralte Musik sein? Mit Jahrhunderten Staub drüber? Stimmt schon, ist ja Musik aus dem Zeitalter des Barock. Stimmt aber auch wieder nicht, ist ja seitdem immer wieder gespielt worden. Ich wüsste zu gern, was die Herren Veracini, Locatelli, Tartini und Vivaldi sagen würden, wenn sie Chouchane Siranossian und das Venice Baroque Orchestra mit Andrea Marcon hören könnten.
Die Geschichte der "vier Musketiere" der Violine
Wie es damals geklungen haben mag - wir werden es nie erfahren. Dass es hoch hergegangen ist, das vermitteln uns die Musikerinnen und Musiker mit der Intensität ihres Spiels. Es lässt einen fast atemlos zurück beim Zuhören.
Chouchane Siranossian und Andrea Marcon wollen mit diesem "imaginären Duell der Geigenbögen in Venedig" die Geschichte der "vier Musketiere" der Violine in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erzählen, wie sie sie nennen. Man stelle sich das heute vor: Eine Rebecca Saunders, ein Jörg Widmann, Komponistinnen und Komponisten unserer Tage, würden sich gegenseitig mit Häme und giftigen Sprüchen überziehen.
Ein "schlechter Geiger" soll Tartini gewesen sein, meinte Vivaldi, "oberflächlich" sei Vivaldis Stil, fand wiederum Tartini. Veracinis Exzentrik war legendär.
Ein Fest der Klangfarben
Die Geige gehört zweifellos zu den Streichinstrumenten. Chouchane Siranossian liebt es aber auch, die Geige als Schlaginstrument zu traktieren, und sie zeigt uns, woher ein Paganini kommt mit seinen unwahrscheinlichen Capricen.
Aber halt, Sie wollen mal durchatmen? Bitte schön, solche Passagen gibt es auch. Die Wirkung des Kontrasts könnte kaum größer sein - welche Ruhe da auf einmal eintritt.
Ein Fest der Klangfarben ist das Concerto mit Pauken und Trompeten von Veracini: dissonant, ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle, ständig werden wir hin- und hergeworfen.
"Duello d’archi a Venezia": Eine mitreißende Aufnahme
In diesem Duell nimmt die Geige ganz unterschiedliche Rollen ein - mal fein und zerbrechlich im Vergleich zu Trompeten und Pauken, am Ende majestätisch und erhaben im berühmten Concerto von Vivaldi, "Grosso Mogul".
Wer gedacht hat, Barockmusik - das ist doch sehr vorhersehbar, was man da zu hören bekommt, der sieht sich hier getäuscht und aufs Schönste überrascht. Eine mitreißende Aufnahme.
Duello d’archi a Venezia
- Genre:
- Klassik
- Label:
- Alpha Classics