"A Golden Christmas" mit dem Hornisten Felix Klieser
Der Hornist Felix Klieser hat seine liebsten Weihnachtsstücke auf einem Album aufgenommen: "A Golden Christmas". Wie er es geschafft hat, sich ohne Arme das Hornspielen beizubringen, verrät er bei NDR Kultur EXTRA im Interview.
Für Felix Klieser gibt es nichts Schöneres als Weihnachten: am liebsten mit Schnee, klirrender Kälte, duftenden Plätzchen und wärmendem Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. In diesem Jahr hat er sich einen langgehegten Wunsch erfüllt und sein erstes Weihnachtsalbum aufgenommen. Ausgewählt hat der gefragte Hornist dafür festliche Melodien vom Barock bis in die Gegenwart. Das Album heißt "A Golden Christmas". Felix Klieser hat es mit dem Wiener Concert-Verein eingespielt, also mit Orchester. Für sein Weihnachtskonzert bei NDR Kultur EXTRA präsentiert uns der virtuose Blechbläser eine Duofassung mit der lettischen Pianistin und Wahlhamburgerin Linda Leine.
Felix, du hast ein Album mit Weihnachtsmusik aufgenommen: "A Golden Christmas". Das war ein Wunsch von dir. Du bist ein richtiger Weihnachtsfan, oder?
Felix Klieser: Ja, ich liebe Weihnachten und ich liebe auch den Winter. Die meisten Menschen mögen den Sommer lieber und ich mag tatsächlich den Winter lieber. Vor allem mag ich den Schnee und die ganze Atmosphäre. Ich hatte schon lange den Wunsch, ein Weihnachtsalbum aufzunehmen. Soweit ich weiß, gibt es kein Weihnachtsalbum von einem Hornisten. Eigentlich passen Horn und Blechbläser gut zu Weihnachten. So ist das zustande gekommen, dass ich gesagt habe, ich will mal ein Weihnachtsalbum aufnehmen. Ich habe mich hingesetzt und geschaut, welche Stücke passen vom Ambiente her gut und welche Stücke passen auch fürs Horn sehr gut. So ist das Album "A Golden Christmas" entstanden.
Linda, was für Musik gehört für dich an Weihnachten dazu? Worauf willst du auf keinen Fall verzichten?
Linda Leine: Ich glaube, dieses Programm passt wirklich super. Ich hätte es mir nicht besser aussuchen können. Ansonsten sind es Lieder, die aus Lettland kommen, in Lettland gesungen werden, zum Beispiel in der Schule. Die sind hier in Deutschland eher unbekannt. Weihnachten ist für mich auch mit Kindheit verbunden.
Felix, es ist faszinierend dir zuzuhören, aber auch dir beim Hornspielen zuzuschauen. Du betätigst die Ventile mit deinem linken Fuß. Normalerweise haben Hornisten die Möglichkeit, mit der rechten Hand im Schalltrichter Einfluss auf den Klang zu nehmen. Du hast dir eine Technik erarbeitet, wie du den Klang gestaltest, ohne diese Möglichkeit zu haben. Wie hast du das für dich entwickelt?
Klieser: Es ist relativ einfach und gleichzeitig kompliziert. Man muss sich das so vorstellen: Man sitzt vor einem Problem, für das es scheinbar keine Lösung gibt. Ich war damals ungefähr 14 oder 15 Jahre alt, als mein damaliger Horn-Lehrer mir verkündete, als Hobby sei das Hornspielen ganz nett, aber mehr werde das niemals. Das hat er in einem Interview gesagt, relativ öffentlichkeitswirksam. Da ging es um diese Thematik mit der rechten Hand im Schalltrichter. Sein Argument war, wenn man keine rechte Hand im Schalltrichter habe, dann werde es niemals so klingen können, wie bei jemandem, der mit der Hand im Schalltrichter spiele. Es war mir relativ früh klar, dass ich dieses Problem in irgendeiner Form lösen muss. Aber es war auch klar, dass mir da kaum jemand helfen kann, weil es schlichtweg niemand vorher versucht hat. Dann stand ich vor diesem Dilemma und wollte das Problem lösen, konnte aber auch kein Buch aufschlagen, wo ich das nachlesen konnte. Dann habe ich das gemacht, was ich immer gerne mache, wenn ich vor einem unlösbaren Problem stehe: Ich probiere irgendetwas aus.
Man nimmt das Instrument, spielt darauf und verändert irgendetwas, zum Beispiel die Position der Zunge, man verändert den Ansatz, die Position des Kinns, die Luftgeschwindigkeit, den Luftdruck. Es gibt so viele Parameter, die man beim Hornspielen verändern kann. Es gab eine große Bandbreite an Dingen, die ich ausprobiert habe. Dann habe ich geschaut, wie sich was auswirkt, wenn ich Parameter A verändere. Wird der Klang heller, dunkler, wird er direkter oder indirekter? In welche Richtung entwickelt sich der Klang? Wenn er sich in eine Richtung entwickelt hat, mit der ich nicht zufrieden war, dann habe ich die Idee sofort wieder in die Schublade geschmissen. Wenn ich das Gefühl hatte, das ist jetzt noch nicht die Lösung, aber es ist schon mal die richtige Himmelsrichtung, in die ich da laufe, dann habe ich das beibehalten und von da aus weitergemacht. So arbeitet man sich Stück für Stück nach oben und kommt diesem Klangideal immer einen kleinen Schritt näher.
Es ist enorm, was du für einen Weg genommen hast. Ich glaube, dass du mit der Auseinandersetzung verschiedener Parameter auch anderen Hornistinnen und Hornisten eine Menge weitergeben kannst, wie Klanggestaltung über die bekannten Möglichkeiten hinaus möglich ist.
Klieser: Es ist tatsächlich so, wenn ich zum Beispiel Hornisten höre, aber auch andere Instrumentalisten, dann ist die Klangfarbe für mich die erste Priorität. Ich meine, wir alle spielen Töne. Töne sind erst mal nur Töne. Die kann man in der richtigen Reihenfolge, in der richtigen Geschwindigkeit spielen, aber es bleiben immer noch Töne. Erst die unterschiedlichen Klangfarben bringen diese Töne zum Leben. Man kann ein Piano spielen oder man kann sich ein Piano denken und sagen, das klingt total niedlich. Man kann aber auch in einem anderen Kontext ein Piano hören, wo es gar nicht niedlich klingt, sondern gruselig. Beides ist ein Piano, aber erst Klangfarbe und Klangeigenschaft lassen uns unterscheiden, welche Stimmung das Piano transportiert. Das ist die Art und Weise, wie ich Horn spiele und wie ich das Horn denke. Ich denke in erster Linie immer in Farben und damit auch an die Emotionen.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.