Jazzalbum der Woche: "…do Albert Mangelsdorff" von ToneGallery
Von Meisen und Menschen - das Quartett ToneGallery um den Saxofonisten Steffen Weber ehrt den Frankfurter Posaunisten Albert Mangelsdorff als Komponisten. Der feine Clou: Nirgends spielt eine Posaune mit.
Das ist zum Staunen - offenbar kam wohl niemand bisher auf diese doch unerhört nahe liegende Idee: Albert Mangelsdorff, die Ikone des deutschen Jazz der Nachkriegszeit, nicht immer wieder nur zu würdigen in Erinnerungen an den herausragenden Solisten und Sound-Erfinder für die Posaune, sondern endlich auch in dem Erbe, das er der Jazzwelt ganz konkret und handfest hinterließ: in den Kompositionen! Seit den frühen Jahren in Frankfurt bis in die letzten Jahre hinein hat Mangelsdorff immer komponiert.
"ToneGallery", das Quartett um Steffen Weber (der im Saxofon-Satz der HR-Bigband zu Hause ist und Mangelsdorff natürlich noch selber kennengelernt hat) bestreitet die jüngste CD ausschließlich mit Material von Albert Mangelsdorff. Und nirgends spielt da die Posaune mit - das ist der feine Clou der an sich schon fabelhaften Grundidee.
Albert Mangesldorffs Zaubertricks
Gemeinsam mit dem Gitarristen Bastian Ruppert hat Steffen Weber auch Mangelsdorffs berühmtesten musikalischen Zaubertrick nachempfunden: das mehrstimmige Spiel aus Posaune, Stimme und Obertönen. Die Interpreten jetzt verteilen die einzelnen Partien auf die Instrumente. Hans Glawischnig am Bass und Schlagzeuger Holger Nesweda federn die teilweise sehr pfiffigen neuen Arrangements deutlich und doch dezent ab. Und generell nehmen die Musiker das Publikum mit auf Entdeckungsreise - wenn sie etwa eine Komposition für die Band des späten Miles Davis in einer von Mangelsdorffs Arbeiten quasi "verstecken". Mangelsdorffs tiefempfundener Mitmenschlichkeit und seinem unvergleichlichen Profil als Komponisten kommen sie so auf die Spur.
Legendäre Aufnahmen wie die mit Jaco Pastorius und Alphonse Mouzon bei den Berliner Jazztagen im November 1976 bekommen so eine ganz neue, frische Note, "Rip Off" etwa oder "Ant stepped on an elephant toe". Aber auch "A minor blues in F", noch aus der Zeit mit Lee Konitz, "Triplicity", Mangelsdorffs Parade-Solo "The horn is a lady" oder "The very human factor" zum Finale der CD sind Klassiker, die bislang aber eigentlich nie als solche verstanden wurden.
Ein pickender Schnabel am Fensterglas als Inspiration
Und die "Meise vorm Fenster", mein Lieblingsstück für immer - sie ziert das Cover der CD. Den pickenden Schnabel am Fensterglas nutzte der Hobby-Ornithologe und Vogelstimmensammler Mangelsdorff als Ausgangspunkt für die Komposition. Die "ToneGallery" weiß, welchen Reichtum dieses wunderbare Erbe darstellt und führt es zeitgenössisch weiter.
"…do Albert Mangelsdorff"
- Genre:
- Jazz
- Zusatzinfo:
- Label:
- Laika Records
- Veröffentlichungsdatum:
- 21.04.2023
- Preis:
- 17,99 €