Stand: 08.12.2016 00:00 Uhr

Brahms' Streichquintett: Tür auf, Sonne rein

von Marcus Stäbler

Mit 57 Jahren fand Johannes Brahms, es wäre an der Zeit, mit dem Komponieren aufzuhören. "Sie können mit diesem Zettel Abschied nehmen von meinen Noten", schrieb er im Sommer 1890 an seinen Verleger. Als Schlusswort - dem dann später doch noch ein paar Werke folgen sollten - hatte er ein Streichquintett geschrieben. Eins der Lieblingsstücke von Anna Theegarten, Bratschistin im NDR Elbphilharmonie Orchester.

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Anna Theegarten, Bratschistin des NDR Elbphilharmonie Orchesters © NDR, Jewgeni Roppel Foto: Jewgeni Roppel

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Anna Theegarten schwärmt vom romantischen Überschwang im G-Dur-Streichquintett von Johannes Brahms. Im ersten Satz entfacht der Komponist ein jugendliches Feuer, als stünde er nicht am Ende, sondern am Anfang seiner Karriere: "Dieser Beginn ist einfach: Tür auf, Sonne rein, was kostet die Welt, ich komme! Welt umarmen, das ist eine fantastische Stimmung. Und die, finde ich, gibt es bei Brahms als geballte Ladung nicht so oft."

"Man kann jede Stimme auskosten"

In seinem zweiten Streichquintett verbindet Johannes Brahms Ausdruckskraft mit handwerklicher Meisterschaft - diese Mischung macht für Anna Theegarten den besonderen Reiz aus. "Bei  diesem Stück merkt man auch, dass Brahms schon sehr viel Erfahrung mit Kammermusik gesammelt hat. Wenn man als Spieler bei diesem Stück dabei ist, dann ist einfach jeder beschenkt! Man kann jede Stimme so auskosten, egal ob man an der zweiten Geige oder am Cello sitzt, das hat eine ganz seltene Qualität."

Wie eine Erinnerung an eine Liebe

Auch für die Bratscher ist das Quintett ein besonderer Genuss. Brahms hat die normale Quartettbesetzung um eine zweite Bratsche erweitert und für beide Stimmen dankbare Partien geschrieben - etwa im sanglichen Thema aus dem ersten Satz. "Die Oberstimme spielt die erste Bratsche, die Unterstimme die zweite", erklärt Theegarten. "Da sind beide gleichwertig beteiligt."

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Hier schlägt Brahms einen ganz anderen, weicheren Ton an als zu Beginn. Das sei wie eine Erinnerung an eine Liebe, schwärmt Theegarten: "Aber keine traurige, sondern eine sehr schöne, in der man sehr gern schwelgt."

Ein Finale im Tanzrhythmus

Diese Herzenswärme prägt auch die anschließenden Sätze des Streichquintetts. Die Musik durchlebt dort romantische Stimmungen - mit einer bittersüßen Idylle im Adagio und einer eigenartig nervösen Wehmut im Allegretto, bis das Finale einen beschwingten Ton anschlägt.

Das Finale ist vom Tanzrhythmus eines ungarischen Csárdas inspiriert und rauscht eigentlich viel zu schnell vorbei. "Auf einmal ist Schluss", sagt Anna Theegarten, aber: "Man denkt: Jetzt nochmal. Unbedingt!"

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NDR Info | 08.12.2016 | 15:55 Uhr

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