"Songs from Home": Interkultureller Chor für Frauen in Hamburg
Die Ethnologin Imke McMurtrie hat es sich zur Aufgabe gemacht, geflüchteten Frauen zweimal im Monat die Möglichkeit zu geben, ihre Lieder aus der Heimat mit Frauen an ihrem jetzigen Wohnort zu teilen.
Verständigung durch Gesang - darum geht es im Chor "Songs from Home". Er ist für alle Frauen in Hamburg, die Freude am Singen haben. Alle zwei Wochen trifft sich der interkulturelle Frauen-Chor "Songs from Home" zur Chorprobe. Musik-Ethnologin Imke McMurtrie leitet ihre Sängerinnen bereits seit 2018. Auf Deutsch wird hier eher selten gesungen. Heute Abend lernen die zwölf Frauen ein Lied aus dem Iran. "Polin hat uns ein Lied mitgebracht. Ein persisches Lied, also in der Sprache der Farsi, und es kommt aus dem, was heute Pakistan ist", erzählt Imke McMurtrie.
Historische Hintergründe eines Liedes lernen
Polin Afshinnia lebt seit etwa vier Jahren in Deutschland und singt bereits seit ihrer Kindheit. Das Lied des roten Derwischs - ein altpersisches Lied - stammt aus dem Sufismus, einer spirituellen Ausrichtung im Islam. Es handelt von einem Zwiegespräch eines Menschen mit Gott. Imke McMurtrie steht vor einer weißen Tafel, auf der der Text in großen Buchstaben zu lesen ist. Die Musik-Ethnologin bringt ihrem Frauenchor auch die historischen Hintergründe der Lieder, die sie gemeinsam singen. "Diese mystische Tradition im Iran, die ist ganz frei. Auch religiös waren die Sufis total frei. Die persischen Dichter hatten einen ganz freien Blick auf die Verbindung zu Gott und sie haben gesagt, dass jeder Mensch seine eigene Beziehung zu Gott hat", erklärt Imke McMurtrie.
"In meinen Gedanken bin ich immer in meinem Heimatland"
Und dann wird gesungen - Vers für Vers. Polin singt vor - der Chor antwortet. Laute nachsingen und kein einziges Wort verstehen ist keine leichte Aufgabe. Und doch klingt es für Polin schon ein bisschen wie die iranische Amtssprache Farsi. "Ich glaube, für die anderen ist alles ein bisschen schwierig in Bezug auf die Aussprache. Ich habe auch zum Beispiel diese Schwierigkeiten erlebt beim Deutsch lernen", erzählt sie. Hier in Hamburg ein altpersisches Lied mit anderen zu singen hilft Frauen wie Polin gegen ihr Heimweh. "Ich bin körperlich hier - aber in meinen Gedanken bin ich immer in meinem Heimatland", sagt Polin.
Lieder aus Kulturen, die neu ankommen
Manchmal singen sie auch mehrstimmig. Zum Beispiel ein Lied aus Georgien. "Wir versuchen immer, die Lieder aus den Kulturen zu nehmen, die hier gerade neu ankommen und probieren aus. Manchmal gehen wir in die Unterkünfte, manchmal kommen die Leute zu uns", erzählt Imke McMurtrie. Im Chor treffen unterschiedliche Kulturen aufeinander. Die Teilnehmerinnen kommen sehr gern hierher. So auch Susanne Matthiesen aus Hamburg, die seit drei Jahren im Goldbekhaus singt. "Ich bin hier, weil mir dieser Chor sehr viel Spaß macht, und es einfach wunderbar ist, Lieder aus anderen Kulturen zu singen - und weil's auch so schöne, kraftvolle zum Teil Heil-Lieder sind, zum Teil Trink-Lieder, zum Teil ganz normale Volkslieder - aber ganz bunt und ganz interkulturell - und das finde ich schön", sagt sie.