Mandoline als Stadtführer: Eine musikalische Tour durch Hamburg
Wie hört sich eine Stadt an? Vor allem: Wie hört sich eine Stadt auf der Mandoline an? Florian Klaus Rumpf hat sein neues Album "A Mandolin's Guide to Hamburg" genannt und Stücke zu bestimmten Orten ausgewählt.
Der Mandolinist hat während der Coronapandemie viele Spaziergänge durch seine Wahlheimat gemacht - und zu vielen Orten hat er ein bestimmtes Stück im Ohr, das genau dessen Atmosphäre aufnimmt. Für den Jungfernstieg hat er das Stück "Sazanami Gazelle" des japanischen Mandolinisten Keizo Ishibashi ausgewählt. "Der Tatendrang der Sazanami Gazelle mit den offenen Akkorden und dem Spaß im Rhythmus passt eigentlich gut zum Jungfernstieg, wo die Leute, weil es auch eines der Haupttouristenzentren ist, immer ganz gut drauf sind", erklärt Rumpf seine Wahl.
Barock oder Pop, japanische Dramatik oder cooler Jazz - der 37-Jährige führt mit diesen Stücken auf seiner CD durch "sein" Hamburg, vom Michel über den Ohlsdorfer Friedhof und auch ins Rathaus. Dessen Fassade hat Rumpf an das Allegro von Carl Friedrich Abel erinnert: "Beide haben gemeinsam, dass viel übereinander liegt", findet der Musiker.
Vom Jungfernstieg in den Alten Elbtunnel
Seit der ersten Grundschulklasse spielt Florian Klaus Rumpf die Mandoline, schon in der musikalischen Früherziehung hatte das Instrument ihn fasziniert - es ist wandlungsfähig und vielseitig. Ihm gefalle, dass die Mandoline immer anders klingen kann, zum Beispiel barock ziseliert, melancholisch oder schmissig wie bei "My Lady Jazz", einem ursprünglich für das Banjo komponierte Stück, das den Musiker an das fröhliche Gedränge auf der Reeperbahn erinnert.
Vier Instrumente spielt er auf seinem Album: die Barockmandoline, eine neapolitanische Mandoline, das Liuto Cantabile, also ein Mandoloncello oder eine Bass-Variante der Mandoline, und schließlich die Mandola. Die erklingt im Alten Elbtunnel, mit den "Diferencias" des Griechen Victor Kioulaphides. "Das Besondere an dem Stück ist, dass es immer wieder zu der offenen D-Saite zurückkommt. Es fängt mit dem D an, hört damit auf, das ist wie der Dreh- und Angelpunkt des Stückes, weswegen ich es auch in den Alten Elbtunnel gelegt habe: die Elbe quasi als die D-Saite Hamburgs", meint Rumpf. Unter diesem Fluss habe man vielleicht eine noch größere Verbindung zur Stadt als oberirdisch, überlegt er.
Mit der U-Bahn in die HafenCity
Unter der Erde geht es mit der U-Bahn weiter. Für den gebürtigen Franken und "Landei", wie Florian Klaus Rumpf scherzt, ist U-Bahnfahren ein großes Vergnügen. Hier gibt es einen Querschnitt durch die Gesellschaft - und dazu erklingt Raffaele Calaces "16. Praeludio". Wie die U-Bahn fahre das Stück immer wieder an und falle dann wieder zurück im Tempo, bevor es wieder anfährt. "Vielleicht gibt es ein paar Spannungen durch die Leute, die eingestiegen sind, vielleicht entspannt sich durch die Leute, die aussteigen, mal was", vergleicht Rumpf.
Die U-Bahn schließlich führt Florian Klaus Rumpf zum Lohsepark in der HafenCity. Hier am Hannoverschen Bahnhof spielt er "Remembrance" des japanischen Komponisten Masataka Hori - an einem Ort, von dem aus Sinti und Roma, Juden und Homosexuelle während der NS-Zeit deportiert wurden. Der Platz ist leer, die rostigen Schienen mahnen, Rumpf spielt die letzten Töne - ein besonderer Moment mit besonderer Musik.