Charlotte Brandis "An den Albtraum": Ein Album nur von Frauen
Charlotte Brandis neues Album "An den Albtraum" ist ein feministisches Statement. In experimentellen Musik-Arrangements beschäftigt sie sich mit Männern, Frauen, Angst, Geld und Tod - mit dem Wahnsinn unserer Zeit.
Charlotte Brandi hat sich für ihr Album "An den Albtraum" von ihren Träumen inspirieren lassen. Und vom gregorianischen Choral. "Ich habe mich irgendwann mal damit beschäftigt, wie Leute im Frühmittelalter in Kirchen gesungen haben", sagt sie. "Und dann bin ich darauf gekommen, dass das eigentlich was total Mächtiges ist, wenn man nur die menschliche Stimme nimmt und damit ein Album eröffnet."
Ein Album ohne Männer
Das Konzeptalbum ist auch ein feministisches Statement. An der gesamten Produktion des Album haben keine Männer mitgearbeitet. "Ich bin ein bisschen stolz, weil ich mir etwas vorgenommen habe, das, glaube ich, einzigartig ist in der Popmusik in Deutschland ist", gibt Brandi zu. "Ich weiß nicht, ob es eine deutschsprachige Platte gibt, wo kein Mann mitgemacht hat. Also: Zuschriften sind willkommen."
Traditionelle Weltmusik und Folklore haben sie geprägt. Bei ihrem neuen Album lebt sie ihren Stil frei aus. Bisher habe sie nur Albumproduktionen mit Männern gehabt, bei denen Männer ihre Entscheidungen in Frage gestellt hätten: "Nein, das muss so laut", "Nein, wir müssen den Synthesizer da irgendwie löschen" oder "Das musst du noch mal singen", habe man ihr gesagt. "Dass sich jemand überhaupt traut, mir zu sagen, wie ich singen soll, fand ich schon immer sehr erstaunlich. Und sie sei viel konzentrierter gewesen, als wenn ein Mann im Raum wäre.
Nicht nur musikalisch ein Reifeprozess
Der Pool der Nicht-Männer in der Musikbranche ist klein. Die Multiinstrumentalistin Brandi hat das meiste daher selbst in die Hand genommen. "Ich bin Autodidaktin, ich habe mir alles selber beigebracht. Ich kann auch keine Noten lesen und habe das komplette Album alleine produziert und habe die meisten Instrumente vorgespielt, eingespielt und dann ein paar davon nachspielen lassen." Das sei ihr wichtig zu sagen, weil diese Tatsachen sie früher sehr verunsichert hätten. "Aber ich finde, das kann man jetzt einfach mal stolz vor sich hertragen."
Es ist ihr erstes deutschsprachiges Album. Und für Charlotte Brandi ein Beitrag zur Revolution. Nicht nur musikalisch das Ergebnis eines Reifeprozesses. "Ich war als junges Mädchen und auch noch Ende meiner 20er, Anfang der 30er so unglaublich korrumpierbar durch männliche Bestätigung", erzählt sie. "Ich war so unsicher, das kann man sich nicht vorstellen. Das habe ich abgelegt, wie ein Kleidungsstück." Sie habe jetzt endlich das Selbstvertrauen, was sie eigentlich schon immer in sich gespürt habe. "Ich habe mich bloß irritieren lassen von den Verhältnissen."