Berufsmusizierende: Großer Gender-Pay-Gap und Forderung nach Honoraruntergrenzen
Wie ist die Situation von Berufsmusikerinnen und -musikern in Deutschland? Was verdienen sie, können sie davon leben? Mit solchen Fragen beschäftigt sich eine aktuelle Studie vom Deutschen Musikinformationszentrum, durchgeführt vom Allensbach-Institut für Demoskopie.
"Auch, wenn es gleichzeitig durchaus prekäre Fälle gibt, so ist Musik für viele professionelle Musiker*innen finanziell durchaus erträglich." - Das ist das wohl wichtigste positive Resultat der repräsentativen Studie, vorgestellt von Timo Varelmann vom Musikinformationszentrum.
Sehr großer Gender-Pay-Gap unter Berufsmusizierenden
Die meisten professionellen Musikerinnen und Musiker in Deutschland können von ihrem Beruf einigermaßen gut leben. "Rechnet man alle ihre Einkünfte zusammen, liegt das persönliche monatliche Nettoeinkommen von Berufsmusizierenden derzeit im Durchschnitt bei 2.660 Euro", sagt Varelmann. Damit liegen die Berufsmusizierenden insgesamt sogar etwas über dem bundesweiten Durchschnittseinkommen von 2.590 Euro.
Allerdings ist die Bandbreite ziemlich groß, berichtet Timo Varelmann: "Frauen verdienen als Berufsmusikerin mit 2.210 Euro netto pro Monat rund 24 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, die auf durchschnittlich 2.890 Euro kommen." Es gibt also einen ziemlich krassen Gender-Pay-Gap von 680 Euro im Monat.
Einkommensunterschiede zwischen Festangestellten und Freiberuflern
Eine ähnliche Lücke klafft zwischen den Festangestellten und den Freiberuflern. "Wer als Berufsmusizierender in einem sozialversicherungspflichtigen Angestelltenverhältnis steht, verdient durchschnittlich 2.940 Euro netto im Monat. Wer dagegen freiberuflich tätig ist, verfügt im Schnitt nur über 2.460 Euro monatliches Nettoeinkommen, also über rund 500 Euro weniger", erklärt Varelmann.
Dieses Einkommen setzt sich bei Freiberuflern häufiger als bei Festangestellten aus verschiedenen Tätigkeiten zusammen. Das heißt, die Musik allein reicht oft nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, sagt Timo Varelmann: "Lediglich 30 Prozent leben ausschließlich von ihrem künstlerischen Schaffen. Die übrigen Berufsmusizierenden gehen zusätzlichen Tätigkeiten nach. So sind 39 Prozent neben ihrem künstlerischen Schaffen auch musikpädagogisch tätig, 23 Prozent üben zusätzlich eine andere Tätigkeit aus, die nichts mit Musik zu tun hat."
Forderung nach Honoraruntergrenzen
Für die meisten ist der Beruf also ein Mosaik. Die Tatsache, dass in Deutschland erfreulich viele Musikerinnen und Musiker gut von ihrem Beruf leben können, verschleiert die teilweise prekäre Arbeitssituation am unteren Ende der Einkommensskala. 28 Prozent der Frauen verdienen unter 1.500 Euro im Monat - und das, wohlgemerkt, oft mit mehreren Tätigkeiten zusammen. Wie diese Situation zu verbessern ist, war Teil einer Diskussion im Anschluss an die Präsentation der Studie.
"Wir müssen uns zum Thema Honoraruntergrenzen austauschen", fordert etwa Ella Rohwer, freiberufliche Musikerin und Vorstandsmitglied beim Verband freier Musiker PRO Musik. Dafür spricht sich auch Lisa Mangold von der Gewerkschaft ver.di aus: "Bei ver.di haben wir gesagt, wir brauchen erstmal eine Idee davon: Was sind eigentlich Honoraruntergrenzen? Wir haben ein Modell entwickelt für Basishonorare für Selbständige für bestimmte Tätigkeiten - zum Beispiel ein Konzert spielen, zwei Stunden, mit verschiedenen Vorbereitungsgraden - und haben dort gemeinsam mit Kreativen verbindliche Honorare errechnet."
Deine Cousine fordert finanzielle Unterstützung für Clubs
Die Popsängerin Ina Bredehorn, bekannt unter dem Künstlernamen Deine Cousine, fordert eine finanzielle Unterstützung für Clubs mit dem Ziel, "dass auch bei Konzerten, wo nur 50 Leute rein passen, der Club mit seinen Kosten so fine ist, dass die Gage oder der Eintritt bei der Band landet."
Es gibt also noch viel zu verbessern. Trotz der mitunter schwierigen finanziellen Lage und dem von der Corona-Pandemie bestärkten Gefühl der Unsicherheit wollen die meisten Musikerinnen und Musiker nichts anderes machen. "82 Prozent sind nämlich zufrieden mit ihrem Beruf und würden sich auch heute wieder dafür entscheiden", fasst Stephan Schulmeistrat vom Musikinformationszentrum zusammen.