"Gemeinsam für Menschlichkeit": Konzert der Berliner Philharmoniker für Israel
Musik, um zu trösten und zu helfen: Mit einem Konzert haben die Berliner Philharmoniker zur Freilassung aller aus Israel nach Gaza entführten Geiseln und zum Schutz der palästinensischen und israelischen Zivilbevölkerung aufgerufen.
Martha Argerich, Thomas Hampson, Christian Tetzlaff, Steven Isserlis, das alles sind große Namen, Ikonen, Legenden, Weltstars, Kultfiguren der Klassik, Koryphäen. Diese Begriffe passen zwar auf die Künstlerinnen und Künstler des Benefizkonzertes "Gemeinsam für die Menschlichkeit", beschreiben aber nicht die berührende Atmosphäre in der Philharmonie.
Familien von Geiseln kamen zu Wort
Der Solobratscher Amihai Grosz hatte die Veranstaltung in zehn Tagen mit einem Team der Berliner Philharmoniker geplant. Seinen Neffen Amit hatte die Hamas als Geisel nach Gaza verschleppt, dort musste er seinen 16. Geburtstag erleben und wurde zum Glück freigelassen. Das Berliner Konzert hat der Teenager Amit im Livestream mit seiner Familie in Tel Aviv verfolgt. Doch 136 Geiseln sind noch in Gaza gefangen, niemand weiß, wie es ihnen geht.
Der Onkel von Efrat Machikawa, ein alter Herr, der weltweit in vielen Ländern die Landwirtschaft revolutioniert hat, leidet auch noch in den Tunneln. Seine Nichte engagiert sich im Forum der Geiselfamilien und fragte in den Saal: "Haben sie Dir zu essen gegeben, Onkel Guddy? Hattest Du die Möglichkeit, die Sonne in den letzten 75 Tagen zu sehen? Bekommst Du irgendwelche Medizin? Wissen sie um Deine Blutdruckprobleme? Kannst Du irgendwas ohne Deine Hörgeräte hören? Foltern sie Dich? Wissen sie, wie besonders Du bist?"
Viele berühmte Künstler haben sich bei Amihai Grosz und dem Pianisten Iddo Bar-Shai gemeldet, das Konzert hätte statt der zwei auch acht Stunden dauern können. So ist der Oudspieler Taiseer Elias aus Israel eingeflogen, um dabei zu sein. Die israelische Sängerin Noa und die Palästinenserin Mira Awad haben gemeinsam gesungen: Es muss doch einen anderen Weg geben. "There Must be another Way", singt das Publikum mit.
Für zwei israelisch-palästinensische Frauenorganisationen betrat Meera Eilabouni die Bühne. "Mütter, israelische und palästinensische, arabische und jüdische engagieren sich, um Frieden zu schaffen, bis der Konflikt endgültig vorbei ist. Denn es gibt keine Macht auf der Welt, die eine Mutter stoppen kann, wenn sie eine Zukunft für ihre Kinder schaffen möchte." Die beiden Organisationen "Woman Wage Peace" und "Women of the sun" sind nominiert für den Friedensnobelpreis.
Die Einnahmen gehen als Spenden an die Familien der Geiseln
Bei diesem Konzert verbinden sich die Kulturen des alten Europas und ihre jüdischen Wurzeln mit der Katastrophe am 7. Oktober und ihren Folgen. Amihai Grosz spielte Max Bruchs Kol Nidrei, Kirill Petrenko dirigierte, die Philharmoniker musizierten in großer Besetzung. Niemand bekam eine Gage, alle Einnahmen im restlos ausverkauften Saal mit 2.200 Plätzen sind Spenden für die Familien der Geiseln und für die beiden Frauenorganisationen.
Die Schauspielerin Martina Gedeck zitierte Brecht und trifft mit dessen Gedicht "An die Nachgeborenen" den Ton des Nachmittags:
"Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr aber, wenn es soweit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unsrer
Mit Nachsicht."
"An die Nachgeborenen" von Bertolt Brecht
Spät erst konnte dieses Konzert stattfinden, die Philharmoniker hatten im Oktober ihre Asientournee geplant, aber es zeigt die Verbundenheit der Künstlerinnen und Künstler mit den Schicksalen der Geiseln und es bewies, wie sehr die Berliner diese Initiativen für die Freilassung der Geiseln und die Zivilbevölkerung in Israel und in Gaza unterstützen.