Zeichnen mit KI: Fluch und Segen für Illustrator David von Bassewitz
Seine Graphic Novel über den Komponisten Karl-Heinz Stockhausen hat großes Aufsehen erregt. Für den zweiten Band holt sich der Illustrator David von Bassewitz Unterstützung: von Künstlicher Intelligenz.
Ein kleines Atelier im Haus der Familie von Bassewitz in Lübeck: Ganz oben unter dem Dach arbeitet der Illustrator. An den Wänden hängen Comics, Ölmalereien und Grafiken. David von Bassewitz sitzt die meiste Zeit an seinem Schreibtisch, vor ihm ein Tablet, auf dem er geschickt ein Porträt von Karl-Heinz Stockhausen in den Computer zeichnet. Das sei erst seit ein paar Jahren möglich, sagt von Bassewitz begeistert: "Du kannst ja wirklich jede analoge Technik digital simulieren. Das sieht toll aus."
Neue Technik verändert das Berufsbild
Der Illustrator liebt die analoge Malerei und das Zeichnen. Aber er ist auch Fan neuer technischer Möglichkeiten sowie der künstlichen Intelligenz KI. Das Thema KI ist in aller Munde - zurecht, findet David von Bassewitz: "Auch für uns Illustrator*innen ist das natürlich ein Riesenthema, weil es wirklich Potenzial hat, uns viel Arbeit abzunehmen. Es hat natürlich, wie alles, zwei Seiten. Das Berufsbild wird sich verändern. Darauf muss man sich als Illustrator*in einstellen."
So entsteht ein Porträt von Karl-Heinz Stockhausen mit KI
Computerprogramme sind inzwischen in der Lage, nach den genauen Vorgaben der Nutzer Bilder zu erstellen. Photorealistisch oder abstrakt - eben genau so, wie es der Mensch vor dem PC haben möchte. David von Bassewitz führt es vor und gibt in seinen Rechner "Portrait of german composer Karl-Heinz Stockhausen." ein. Es folgen noch weitere Angaben. Der Bildwinkel zum Beispiel, oder dass der künstlich generierte Stockhausen seine Hand am Kinn haben soll. Wenige Sekunden später zeigt das Programm das Ergebnis: vier Schwarz-Weiß-Bilder. David von Bassewitz ist noch nicht ganz überzeugt: "Ah ja, gar nicht so schlecht. Aber nicht Karl-Heinz Stockhausen. Es kommt dem schon relativ nah. Und zwar dem etwas älteren Stockhausen, von dem es online viel Bildmaterial gibt. Deswegen wahrscheinlich auch diese Variante."
KI in der Illustrator*innen-Branche: Fluch und Segen zugleich
Je genauer die Angaben, die der Nutzer eintippt, desto besser die Ergebnisse. Für Künstler*innen und Illustrator*innen wie David von Bassewitz bedeutet das große Konkurrenz. Denn ein Abo für so einen Bild-Generator kostet nur wenige Euro im Monat. Inzwischen nutzen auch viele Agenturen und Verlage die KI und sparen sich das Geld für einen klassischen Illustratorenauftrag. Die Sorgen in der Branche: groß. Das treffe auf große Ablehnung, so von Bassewitz - zu recht: "Man muss schon wissen, dass diese Programme mit Abermillionen Bildern, unter anderem auch von Künstler*innen gefüttert und trainiert werden. Die hat niemand gefragt, ob sie damit einverstanden sind, dass ein Algorithmus jetzt mit ihren Bildern trainiert und diese dann auch simulieren kann."
Die Arbeitszeit könnte drastisch verkürzt werden
Viele rechtliche Fragen sind aktuell noch ungeklärt, die Künstliche Intelligenz allerdings bereits auf dem Vormarsch. David von Bassewitz sieht aber auch große Vorteile. Durch die KI könne er seine Arbeitsprozesse deutlich beschleunigen, sagt er. Viele seiner Ideen könne er analog gar nicht umsetzen, weil ihm die Zeit dafür fehle. "Mit so einer KI-gestützten Arbeitsweise könnte ich diese Ideen sehr schnell visualisieren. Vielleicht brauche ich dann eben für die nächste Graphic-Novel nicht mehr sieben Jahre, sondern eben nur noch zwei oder sogar nur noch eins."
Eigene Handschrift trotz KI
Im Oktober 2022 ist die Graphic Novel "Stockhausen: Der Mann, der vom Sirius kam" von Thomas von Steinaecker und David von Bassewitz erschienen. Der zweite Band über das Leben von Karl-Heinz Stockhausen wird auf jeden Fall unterstützt werden von künstlicher Intelligenz. Da ist sich der Illustrator von Bassewitz sicher. Und doch wird die Graphic Novel seine Handschrift tragen.