"Schloss der Walküren": Joana Vasconcelos auf Schloss Gottorf
Die portugiesische Künstlerin Joana Vasconcelos verwandelt Schloss Gottorf mit gigantischen Installationen in ein knallig buntes "Schloss der Walküren". Am Mittwoch kam der 25.000 Besucher zur beliebten Ausstellung.
Die erfolgreiche Aussstellung der portugiesischen Künstlerin ist eine Hommage an ihre Heimat, aber auch an kämpferische Frauen. "Wir sollten aber noch die Fenster verdunkeln, sonst kommen die Lichter nicht zur Geltung...", sagt Joana Vasconcelos. Ein paar kleine Änderungswünsche, aber sonst ist die Künstlerin zufrieden mit dieser neuen Station für ihre fantasievollen Skulpturen. "Ich finde es richtig schön. Auf dem Papier lässt sich vieles nur erahnen. Wenn man es dann wirklich sieht, ist es beeindruckend, wie die Stücke auf immer wieder einzigartige Weise ihren Platz finden."
Historische Heldinnen sind Namensgeberinnen
Das Herzstück der Ausstellung auf Schloss Gottorf sind drei riesige Figuren von Vasconcelos, den sogenannten Walküren. Die eine heißt Marta, benannt nach einer französischen Widerstandskämpferin. Die Künstlerin hat alle ihre Walküren nach historischen Heldinnen benannt.
"Die Walküren sind inspiriert von den nordischen Kriegsgöttinnen: Sie haben die Macht, Verstorbene zurückzubringen. Ich habe dieses Element aus der nordischen Mythologie übernommen und es in eine neue, bunte Dimension übertragen. Das ist das, was ich tue: Ich nehme Dinge aus der Vergangenheit, präsentiere sie in der Gegenwart und hoffe, dass sie bis in die Zukunft reichen", sagt Vasconcelos.
"Fabelhafte Frauen, über die nie jemand spricht"
Die Kunst der Portugiesin ist durch und durch feministisch. Ihre Figuren sind selbstbewusst, kraftvoll und laut: Sie nehmen sich den Raum, der ihnen zusteht, und der Frauen oft verwehrt wird. "Es gibt so viele fabelhafte Frauen, über die nie jemand spricht. So ist die Idee zu den Walküren entstanden: Sie schaffen Räume und Identitäten für Frauen, die von der Geschichte vergessen wurden", so die Künstlerin.
Ein Kronleuchter aus Tampons machte sie berühmt. Seit 25 Jahren stellt Joana Vasconcelos aus. Sie vertrat Portugal zweimal auf der Biennale, war Teil vieler anderer internationaler Kunst-Events. Als Künstlerin war sie immer auch Pionierin.
Erste Frau, die eine Biennale kuratierte
"Meine erste Biennale 2005 war die erste überhaupt, die von einer Frau kuratiert wurde. Später war ich die erste Frau, die im Palast von Versailles ausstellte. Und dann war ich die erste Portugiesische Künstlerin mit einer Einzelausstellung im Guggenheim Bilbao. Es geht also nicht um irgendein feministisches Konzept, sondern um die Realität: Ich habe erfahren, dass viele Frauen vor mir nicht die gleichen Chancen hatten wie ich.
Auch auf Schloss Gottorf zu sehen sind filigrane Herz aus Plastikbesteck und ein meterhoher Stiletto, der bei näherer Betrachtung aus Kochtöpfen besteht. Diese opulenten Skulpturen aus Alltagsgegenständen gehören zu Joana Vasconcelos Markenzeichen.
Kunst als Hommage an die Heimat
"Es ist eine Art Verwandlungsprozess. Ich nehme mir irgendwas aus der Küche, und dann werden Töpfe zu einem Schuh, und der Schuh steht auf einmal in einem Museum. Ich finde das lustig: Ein Haushaltsgegenstand, den vorher niemand beachtet hat, wird auf einmal total bewundert. Dabei ist es immer noch derselbe Gegenstand. Ich hab mich noch nie davor gescheut, einfach irgendwelche Schubladen zu öffnen und Dinge, die niemanden interessieren, in einen neuen Kontext zu stellen", sagt Joana Vasconcelos.
Ihre Kunst ist auch eine Hommage an ihre Heimat: An das traditionelle Kunsthandwerk, an typisch portugiesische Farben und Muster. Die Schleswiger Ausstellung erinnert nebenbei an ein wichtiges Jubiläum: Den 50. Jahrestag der Nelkenrevolution in Portugal. "Ich bin gerne Botschafterin meines Landes und ich bin froh, dass ich als Frau die Gelegenheit dazu habe. Ich gehöre zur ersten Generation in Portugal, die in einer Demokratie aufgewachsen ist und ich hoffe, dass meine Generation ein guter Beweis dafür ist, dass es sich lohnt, für die Demokratie zu kämpfen. Man ist freier, man ist kreativer, und die Zeiten sind eindeutig besser als sie es vor 50 Jahren waren.
Schloss Gottorf als "perfekter Ort" für Vasconcelos Kunst
Bis Anfang November werden die Werke von Joana Vasconcelos im Museum Schloss Gottorf zu sehen sein. Spannend, wie gut die moderne, feministische Kunst der Portugiesin an diesen historischen Ort passt. "Ich war begeistert von der Kapelle und dem Schloss. Es ist wunderschön hier und ganz anders als da, wo ich herkomme. Für mich ein perfektes Szenario - mit meiner Kunst will ich dem Ort eine neue Dimension verleihen und einen Dialog zwischen traditionellen Räumen und meiner Arbeit entstehen lassen", sagt Vasconcelos.