Antike Vasen © Screenshot
Antike Vasen © Screenshot
Antike Vasen © Screenshot
AUDIO: Raubkunst: Kiel gibt Vasen zurück an Italien (4 Min)

Festakt in Kiel: Ministerin Prien gibt antike Vasen zurück

Stand: 15.09.2023 14:00 Uhr

Mit einem Festakt in der Kieler Kunsthalle sind am Donnerstagabend antike Vasen an den italienischen Staat zurückgegeben worden. Kultusministerin Karin Prien und Uni-Präsidentin Simone Fulda verschlossen symbolisch eine Transportkiste.

von Anina Pommerenke

Das Abkommen steht schon eine ganze Weile - am Donnerstagabend sind nun vier Vasen aus der Antikensammlung der Uni Kiel offiziell an den italienischen Staat zurückgegeben worden. Die Kieler Antikensammlung hatte die Vasen in den 1980er- und 1990er-Jahren erworben. Das war zwar damals legal, aber nicht unumstritten. Denn sie stammen aus illegalen Raubgrabungen in Süditalien.

Kultusministerin Prien übergibt symbolisch die Vasen

"Jetzt werden wir die Transportbox schließen. That's it - das war's", mit diesen Worten besiegelte Schleswig-Holsteins Kultusministerin Karin Prien die Übergabe. Die vier kostbaren Vasen sind bereits in großen Holzboxen transportsicher verpackt. Entgegengenommen wurden sie von Oberstleutnant Paolo Salvatori von der italienischen "Tutela Patrimonio Culturale" - eine Polizeieinheit, die sich um die italienischen Kulturschätze kümmert. Er bedankte sich aufrichtig für die erfolgreiche Kooperation.

VIDEO: Kieler Kunsthalle gibt geraubte Vasen an Italien zurück (2 Min)

Haug: Moralisch-problematischer Erwerb

Denn die Uni Kiel hätte die Vasen nicht zurückgeben müssen, wollte dies aber, erläutert die Leiterin der Antikensammlung Annette Haug: "Die Vasen stammen nachweislich aus Raubgrabungen - und sie sind auf dem Schweizer Kunstmarkt erworben worden. Das sind für uns zwei gute Gründe, die uns zeigen, dass es sich um einen moralisch-problematischen Erwerb handelt. Wir sind ein Universitäts-Museum, wir können Raubgrabungen nicht befördern. Deswegen haben wir uns zur Rückgabe entschieden."

3D-Druck in Originalgröße erinnert an das Problem Raubkunst

Zwei Frauen legen einen Deckel auf eine große Holzkiste, links steht ein Mann in einer dunklen Uniform. © NDR / Anina Pommerenke Foto: Anina Pommerenke
Oberstleutnant Paolo Salvatori, Simone Fulda, Präsidentin der Kieler Christian-Albrechts-Universität, und Schleswig-Holsteins Kulturministerin Karin Prien bei der symbolischen Übergabe der Vasen.

Die Ausstellungsstücke werden zu vier ganz unterschiedlichen Vasen-Formen gezählt: Glockenkrater, Gnathia-Krater, apulisch-rotfigurige Kanne und Loutrophore: Von der bleibt immerhin ein schwarzer 3D-Druck in Originalgröße zurück, um auf das Problem Raubkunst aufmerksam zu machen. Der Abschied ist trotzdem ein wehmütiger Moment für Uni-Professorin Annette Haug.

"Das ist heute Abend ein weinendes, aber auch ein lachendes Auge. Und zwar weinend, weil wir die Stücke lieb gewonnen haben über die letzten vier Jahrzehnte. Es sind auch herausragende Stücke: Die Loutrophore ist ein absolutes Prunkstück, zu der wir auch publiziert haben. Es ist aber auch ein lachendes Auge, weil wir heute Abend eine Kulturvereinbarung besiegeln, die besagt, dass wir in regelmäßigen Abständen, wenn die Kunsthalle wieder öffnen wird, die dann im Tausch hier zeigen können", erklärte Haug.

Ministerin Prien erhofft sich Signalwirkung

Eine Win-Win-Situation für beide Seiten sozusagen. Ein Festakt ist keine Selbstverständlichkeit bei solchen Anlässen. Neben Grußworten gab es auch einen Einblick in den aktuellen Stand der Provenienzforschung - also der Forschung, die sich in der Kunstgeschichte mit der Geschichte der Herkunft von Kunstwerken und Kulturgütern befasst. Kultusministerin Karin Prien erhofft sich von der Veranstaltung auch eine Signalwirkung:

"Wir erhoffen uns einen Paradigmenwechsel im Umgang der Museen mit diesen antiken Funden, die auf vielfältige Weise nach Deutschland und in deutsche Museen gekommen sind. Wir wissen, dass Raubkunst ein Fakt ist in unserem Museum. Wir wollen zukünftig anders damit umgehen und nehmen zukünftig das Thema Provenienzforschung, aber auch die Rückgabe sehr ernst", so Prien.

Italienischer Botschafter betont emotionalen Wert der Vasen für sein Land

Unter den Gästen war auch der aus Berlin angereiste italienische Botschafter Armando Varricchio. Er betonte den emotionalen Wert der Vasen für sein Land: "Kunstwerke lösen immer große Gefühle aus - heute noch mehr als sonst. Denn wir wissen, dass dank dieser großartigen Kollaboration mit dem Land Schleswig-Holstein und diesem wunderschönen Museum die Kunstwerke endlich nach Hause kehren können."

Die vier Vasen, so der Botschafter, sollen nun schnellstmöglich in ihre Heimat ins süditalienische Apulien zurückkehren und dort in einer der zahlreichen Kultureinrichtungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Man hoffe, dort bald auch eine Delegation aus Schleswig-Holstein begrüßen zu dürfen. 

Weitere Informationen
Benin-Bronzen, die in der Vergangenheit geraubt und an Nigeria zurückgegeben wurden, werden während einer Übergabezeremonie ausgestellt. © picture alliance/dpa/AP | Olamikan Gbemiga

Benin-Bronzen: "Müssen lernen, nicht alles bestimmen zu wollen"

Die Debatte um die Restitution afrikanischer Kulturgüter polarisiert. Provenienzforscherin Bénédicte Savoy wünscht sich mehr Zurückhaltung. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Nachmittag | 15.09.2023 | 14:40 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Museen

Kiel

Die Büste der Königin Nofretete (1340 v. Chr.), Original © picture-alliance/ dpa/dpaweb Foto: Stephanie Pilick

"Büste der Nofretete": Raubkunst oder nicht?

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Louvre und das British Museum beharren darauf, dass viele Objekte aus dem Alten Ägypten legal bei ihnen stehen. mehr

Eine "Hocker aus Ghana, Westafrika" (erste Hälfte des 20. Jahrhunderts) in der Akademie der Künste bei der Ausstellung "Spurensicherung" © picture alliance/dpa Foto: Christophe Gateau

Raubkunst: Wie ist der aktuelle Stand der Herkunftsforschung?

Gerade in Niedersachsen wurde besonders umfangreich geforscht. Ein Gespräch mit der Museumsdirektorin Katja Lembke. mehr

Ein leerer Bilderahmen hinter Polizei-Absperrband. © NDR Foto: Foto: [M] Aleksandr Golubev | istockphoto, David Wall | Planpicture

Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur

Lenore Lötsch und Torben Steenbuck rollen spektakuläre Kunstdiebstähle auf. Sie nehmen uns mit an Tatorte, treffen Zeugen und Experten. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Cornelia Funke signiert ein Buch bei der Kinderbuchmesse KIBUM © Hauke-Christian Dittrich/dpa-Bildfunk Foto: Hauke-Christian Dittrich

50. KIBUM: Messe nimmt Kinderbücher in den Fokus

Zum 50. Mal treffen sich in Oldenburg Kinder- und Jugendbuch-Fans. Das Jubiläum der Messe hat Erfolgsautorin Cornelia Funke eröffnet. mehr